Zum Inhalt springen

Auslieferungsgesetz «tot» Lams Ankündigung beruhigt die Protestführer nicht

  • Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam hat das geplante Auslieferungsgesetz als «tot» bezeichnet.
  • Es gebe «keinen Plan», das Gesetzgebungsverfahren wieder in Gang zu bringen, sagte sie.
  • Die Anführer der Protestbewegung geben sich mit dieser Aussage nicht zufrieden.

Lam reagierte mit ihren Aussagen bei einer Medienkonferenz offenkundig auf anhaltende Zweifel unter den Hongkongern, dass der Entwurf auch wirklich nicht mehr vorgelegt wird. Allerdings gab die pekingtreue Regierungschefin der chinesischen Sonderverwaltungszone nicht der Forderung der Protestbewegung nach, den Gesetzentwurf sofort von der Agenda des Parlaments zurückzuziehen.

Die Protestführer forderten in ersten Stellungnahmen denn auch erneut, dass die Regierung das Gesetz zu Auslieferungen an Festland-China definitiv formal zurückzieht. Ausserdem verlangen sie den Rücktritt Lams und eine unabhängige Untersuchung gegen die Polizei. Dieser werfen sie vor, missbräuchlich Gewalt gegen Demonstranten eingesetzt zu haben.

Lam hatte bereits früher angedeutet, die Umsetzung des Auslieferungsgesetzes nicht weiter zu verfolgen. Nach dem Aufschrei in der Bevölkerung hatte sie es zwar auf Eis gelegt – mit dem Hinweis, dass der Gesetzesentwurf nicht mehr vorgelegt und somit im nächsten Jahr auslaufen werde.

Das Gesetz ist tot.
Autor: Carrie Lam Hongkonger Regierungschefin

Lam räumte weiter Fehler ein und zeigte sich gesprächsbereit. Sie willigte unter anderem ein, ohne Vorbedingungen Studenten zu treffen. Auch sprach sie von «grundlegenden, tief verwurzelten Problemen» in Hongkong. Dabei könne es um wirtschaftliche Probleme, fehlenden Wohnraum und politische Spaltungen gehen. Diese Probleme müssten identifiziert und angegangen werden.

Weitere Forderung zurückgewiesen

Lam wies aber die Forderung der Protestbewegung zurück, einen unabhängigen Richter mit der Untersuchung des Vorgehens der Polizei gegen Demonstranten zu betrauen.

Noch am Sonntag hatten Zehntausende Menschen friedlich im Bezirk Kowloon gegen das umstrittene Gesetz demonstriert, das die Finanzmetropole seit Wochen in Atem hält. Nach unterschiedlichen Angaben von Polizei und Organisatoren beteiligten sich zwischen 56'000 und mehr als 230'000 Menschen am jüngsten Marsch.

Grösste Proteste seit Jahrzehnten

Das Auslieferungsgesetz würde es den Behörden Hongkongs erlauben, von China beschuldigte Personen an die Volksrepublik auszuliefern. In den vergangenen Wochen erlebte Hongkong wegen des Gesetzes die grössten Proteste seit drei Jahrzehnten. Immer wieder gingen die Hongkonger auf die Strasse, um gegen die Politik von Regierungschefin Carrie Lam zu protestieren.

Hongkong: «Ein Land, zwei Systeme»

Box aufklappen Box zuklappen

Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» als eigenes Territorium autonom regiert. Anders als die Menschen in der Volksrepublik geniessen die sieben Millionen Hongkonger nach dem Grundgesetz für die chinesische Sonderverwaltungsregion das Recht auf freie Meinungsäusserung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit. Sie fürchten aber, dass ihre Freiheiten beschnitten werden könnten.

Am vergangenen Montag waren die Proteste eskaliert, als Hunderte Demonstranten das Parlament stürmten und den Plenarsaal für Stunden besetzt hielten.

Meistgelesene Artikel