Zum Inhalt springen

Austritt aus Ottawa-Vertrag Finnland will Grenze zu Russland verminen

Als Aussenminister wollte Alexander Stubb Brücken zu Russland bauen, jetzt segnet er als Staatschef die Rückkehr einer global geächteten Waffe entlang der langen Grenze zum östlichen Nachbarn ab.

Es wirkt wie eine Ewigkeit: Als der heutige finnische Präsident Alexander Stubb im Frühjahr 2008 als Aussenminister des nordischen Landes vereidigt wurde, schlug er die Abschaffung des Visumszwanges zwischen der EU und Russland vor. 

Ein Hochgeschwindigkeitszug nahm zwischen Helsinki und St. Petersburg den Betrieb auf. Millionen Menschen überquerten jeden Monat die über 1300 Kilometer Trennlinie zwischen den beiden ungleichen Staaten, die an dieser Grenze zuvor mehrere Kriege geführt hatten.  

Vertrauensbeweis gegenüber Russland

Als schon fast ultimativer Ausdruck für dieses neue Vertrauen beschloss Finnland im Jahre 2012, als einer der letzten Staaten in Europa, dem internationalen Personenminenverbot beizutreten.

Dieses in Ottawa 1996 unterzeichnete Abkommen gilt heute als einer der erfolgreichsten völkerrechtlichen Verträge überhaupt – dem sich nicht weniger als 164 Staaten weltweit angeschlossen haben – und noch keines formell ausgetreten ist.

Das soll sich nun ändern: Nach entsprechenden Beschlüssen der drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen stimmte nun auch das finnische Parlament mit grosser Mehrheit dafür, den Ottawa-Vertrag aufzukünden. Bereits im kommenden Jahr will das nordische EU- und Nato-Land wieder selbstproduzierte Personenminen entlang der langen Grenze einsetzen.

«Es ist ein Zeichen an Russland, dass wir unsere Grenze und unsere territoriale Integrität ernst nehmen», sagte der finnische Verteidigungsminister Antti Häkkänen bei der Vorstellung der Vorlage im Parlament. 

Billig und brutal – und am Ende teuer

Bis auf die Stimmen der Postkommunisten und eine Minderheit der grünen Fraktion erhielt er die Unterstützung aller Abgeordneten für diesen symbolträchtigen Schritt, der – sollte das Beispiel über den Nordosten Europas hinaus Schule machen – enorme weltweite Folgen haben könnte: Personenminen sind billig in der Herstellung, brutal in der Wirkung – und extrem teuer bei der Räumung.

Person entschärft Landmine im Sand.
Legende: Eine Reihe von Nachbarstaaten Russlands haben sich aus einem internationalen Abkommen zur Ächtung von Personenminen verabschiedet. Keystone/SANTIAGO LLANQUIN

Nun liegt der Ball wieder bei Alexander Stubb, der als 40 Jahre alter Aussenminister zum Brückenbauer zwischen Ost und West werden wollte, und nun als 57-jähriger Präsident seine Unterschrift zum Austritt aus dem Ottawa-Abkommen setzen muss – und damit die Abschottung gegen Russland auf Jahre hinaus zur Staatsmaxime macht.

Bereits im Dezember 2023 schloss das nordische Land alle seine Grenzübergänge nach Osten; seit zwei Jahren wird auf hunderten von Kilometern ein eiserner Vorhang hochgezogen. Nun – wenige Wochen vor dem Gipfeltreffen zum 50. Jahrestag der OSZE in Helsinki – wird auch noch das Hinterland vermint.    

Echo der Zeit, 19.6.2025, 18 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel