Zum Inhalt springen

Auswirkung des Gaspreises Trotz Strompreisdeckel steigen in Spanien die Strompreise

Seit rund drei Monaten darf das Land seine Strompreise begrenzen. Doch ein Wundermittel ist der Strompreisdeckel nicht.

Die EU erwägt, einen Strompreisdeckel einzuführen. Spanien kennt so einen Strompreisdeckel bereits. Seit rund drei Monaten darf das Land seine Strompreise begrenzen. Spanien ist kaum ans gesamteuropäische Stromnetz angeschlossen, produziert viel Strom aus erneuerbaren Energiequellen und ist wenig abhängig von russischem Gas. Doch der Blick nach Spanien zeigt: Ein Wundermittel ist der Strompreisdeckel nicht.

Die Megawattstunde Strom kostet in Spanien je nach Tageszeit 95 bis 240 Euro. In Deutschland oder Frankreich ist es zwar ein Mehrfaches, trotzdem beklagen sich auch die Spanierinnen und Spanier über zu hohe Strompreise. «Die Preise müssten tiefer liegen, was wir bezahlen, ist eine Unverschämtheit», sagt eine junge Mutter in der spanischen Tagesschau.

Strompreise im Verhältnis zu den tiefen Löhnen hoch

Trotz Strompreisdeckel kommt es also zu finanziellen Sorgen. Das liegt laut Mario Sánchez-Herrero von der Universidad Complutense Madrid daran, dass in Spanien die Löhne tiefer seien als etwa in der Schweiz. «Finanziell bringen die Spanier deshalb grössere Opfer, als Schweizer, wenn die Strompreise steigen», sagt der auf den Energiemarkt spezialisierte Ökonom. Die Spanier würden sich nicht mit der Schweiz, Frankreich oder Deutschland vergleichen. «Sie vergleichen mit dem, was sie noch vor einem Jahr bezahlten.»

Auch mit dem Preisdeckel sind in Spanien die Strompreise gestiegen, um bis zu 85 Prozent im Vergleich mit dem Vorjahr. Hinzu kommt die Inflation von über 10 Prozent: Weil das Geld an Wert verliert, sinkt die Kaufkraft. Ökonom Sánchez-Herrero befürchtet daher eine Lohn-Preis-Spirale.

Teures Gas verzerrt die Preise

«Die Leute fordern höhere Löhne, aber wenn die Firmen mehr Ausgaben haben, steigen die Preise noch weiter.». Der Strompreisdeckel funktioniere aber, hält der Experte fest. Ohne Deckelung wären die Strompreise noch höher.

Doch der Deckel allein reiche nicht: «Wir müssen das Gas aus der Gleichung entfernen, mit der der Strompreis berechnet wird.» Es brauche einen neuen Markt, in dem das teure Gas die Preise nicht verzerre. «Jetzt, wo der Anteil sehr billiger erneuerbarer Energien zunimmt, sollten wir die Strompreise anders festlegen», so der Experte. Nur wenn der Strom- vom Gaspreis entkoppelt werde, seien die Strompreise langfristig in den Griff zu kriegen, in Spanien und Europa.

HeuteMorgen, 15.09.2022, 06:00 Uhr

Meistgelesene Artikel