Das fahrerlose Taxi bestelle ich per App. Bald darauf kommt es gemächlich anzufahren. Als ich einsteige, begrüsst mich eine Computerstimme. «Guten Morgen, Viviane.»
Losfahren, abbiegen, anhalten bei Rotlicht – soweit funktioniert alles. Ich fühle mich hier drin sicher. Der Fahrstil ist zwar etwas abrupt, aber das kann einem auch bei einem von Menschen gelenkten Taxi passieren.
Obwohl Waymo auf der Website vom «erfahrensten Fahrer der Welt» spricht, brauchen die Robotaxis bei Regenwetter einen menschlichen Fahrer. Sie können durch unerwartete Situationen überfordert sein und den Verkehr blockieren . Ihr Einsatz ist auf ganz wenige Orte beschränkt. Dabei gelten die Waymo-Robotaxis als führend.
Selbstfahrmodus schwieriger als gedacht
Trotz Milliarden, die Techgiganten und Autokonzerne in Projekte investiert haben, sind autonome Fahrzeuge noch weit von einem grossflächigen Einsatz entfernt. Kürzlich haben VW und Ford ihr Start-up Argo AI zur Entwicklung von selbstfahrenden Autos eingestampft.
«Teslas werden wohl nächstes Jahr 90 Prozent mit Autopilot fahren.» Das prophezeite Elon Musk 2014. Später räumte er ein, es sei schwieriger als gedacht. Unfälle durch Autos im Selbstfahrmodus machen immer wieder Schlagzeilen. Der Traum von selbstfahrenden Autos auf den Strassen ist in die Ferne gerückt.
Doch in Toronto gibt es eine Frau, die das ändern will. «Selbstfahrende Autos sind die Mission meines Lebens. Ich werde nicht aufgeben, bis sie Realität sind.» Raquel Urtasun ist führende Wissenschafterin in Künstlicher Intelligenz und will selbstfahrende Lastwagen auf die Strasse bringen. Sie gründete das Start-up Waabi.
Die Industrie habe sich auf eine sperrige Methode eingefahren, mit der sie die letzten Hindernisse nicht lösen könne, sagt Urtasun. «Um bereit zu sein für alle möglichen Situationen auf der Strasse, braucht es einen grossen Entwicklungsschritt in der autonomen Fahrtechnologie.»
Waabi fokussiere viel stärker auf künstliche Intelligenz. Das Konzept: Ein Simulationsprogramm kreiert in einer digitalen Welt immer wieder neue Situationen für das «Hirn» der selbstfahrenden Fahrzeuge.
«Das ist ein entscheidender Schritt, den das Simulationsprogramm vorwärtsmacht. Es erlaubt uns, das autonome Fahrsystem seltenen Situationen auszusetzen oder gar einem Unfall. Dabei lernt es, sich richtig zu verhalten. Das wäre in der realen Welt nicht möglich.» Dies sei günstiger, schneller und sicherer als die in der Industrie vorherrschende Methode, sagt Urtasun. In ihrer Vision sollen Strassen in Zukunft sicherer sein, dank selbstfahrender Autos.
Noch muss sich allerdings auch Waabis Technologie im Realitätstest beweisen. «Unsere Lastwagen sind bereits auf Strassen in den USA unterwegs. Ohne Unfall, das kann ich sagen.»
Meine Fahrt im Robotaxi in Phoenix ist unfallfrei zu Ende gegangen. Doch ich rüttle vergeblich an der Tür – sie öffnet nicht, und das Auto fährt wieder los. Als ich den «Anhalten»-Knopf drücke, lässt mich die Computerstimme wissen, dass das Taxi unterwegs sei zum nächsten Kunden.
Ich drücke den Hilfe-Knopf, und bin froh, eine menschliche Stimme zu hören. «Hello this is Scott, how can I help you?» Scott kann das Taxi anhalten. Ich bin zwar nicht am Ziel, aber um eine Erfahrung reicher. Das Ganze scheint dem Robotaxi einen Schrecken eingejagt zu haben. Es bleibt blinkend am Strassenrand stehen.