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Axpo in der Kritik Russische Brennstäbe für Schweizer AKW

Die russische Rosatom ist im Krieg. Der Staatskonzern betreut erbeutete ukrainische Atomkraftwerke. Nun gerät das Schweizer Geschäft in die Kritik.

Am 4. März erobert Putins Armee nach einem Feuergefecht die sechs Atommeiler von Saporischschja in der Ukraine. Begleitet werden die Soldaten von elf Rosatom-Technikern – zur Beratung, so die russische Seite. 

Rosatom ist Russlands Behörde für zivile Atomenergie, aber auch der Hersteller der russischen Atomsprengköpfe. Die Behörde ist auch ein Staatskonzern. Und als Konzern ist Rosatom weltweit führender Lieferant von angereichertem Uran. Rosatom beliefert unter anderem auch Schweizer Atomkraftwerke.  

Axpo arbeitet mit Rosatom 

Die Axpo bezieht Brennstoff von Rosatom. «Wenn Sie einen bewährten Lieferanten haben, der die Qualität liefert, die Sie brauchen – aus sicherheitstechnischen und qualitätstechnischen Gründen – dann wechselt man nicht so einfach», sagt Willibald Kohlpaintner, Leiter der Division Kernkraft der Axpo und Mitglied der Geschäftsführung, gegenüber der «Rundschau». Die laufenden Verträge würden erfüllt. Neue Verträge hingegen will die Axpo derzeit nicht abschliessen.  

Wenn Sie einen bewährten Lieferanten haben, der die Qualität liefert, die Sie brauchen – aus sicherheitstechnischen und qualitätstechnischen Gründen – dann wechselt man nicht so einfach
Autor: Willibald Kohlpaintner Leiter Division Kernkraft Axpo

Die beiden Axpo-Reaktoren in Beznau hängen vom russischen Brennstoff ab. Bei Leibstadt, ebenfalls von Axpo betrieben, ist es die Hälfte des angereicherten Urans, das aus Russland stammt. Nur Gösgen, betrieben von Alpiq, kommt ohne russisches Uran aus. Umweltverträglichkeit und Transparenz der Lieferkette seien wesentlich gewesen für den Entscheid gegen Russland, schreibt Alpiq auf Anfrage der «Rundschau». Die Firma hatte bereits 2016 entschieden, die Verträge mit Russland auslaufen zu lassen. Seither bezieht Alpiq Uran aus Kanada sowie Australien und lässt es in Westeuropa anreichern. 

Geld für Atomwaffen 

Unter dem Strich stammt derzeit rund 50 Prozent des Brennstoffs für die Schweiz aus Russland. Die Schweiz zahlt für Uran – könnte aber indirekt auch den russischen Militärapparat mitfinanzieren. Rosatom produziert Putins Atomsprengköpfe. Nicht nur Linke oder Atomkritiker beobachten das mit Sorge.

Wenn ich höre, dass ganz Frankreich so funktioniert – und noch ein paar andere AKWs, dann heisst das, wir finanzieren einfach die neuen Waffensysteme dieser Firma.
Autor: Ruedi Noser Ständerat FDP (ZH)

Der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser meint: «Da ist es doch offensichtlich, dass wir diese Bomben finanzieren mit solchen Verträgen. Und wenn ich höre, dass ganz Frankreich so funktioniert – und noch ein paar andere AKWs, dann heisst das, wir finanzieren einfach die neuen Waffensysteme dieser Firma.» 

Schweizer Abhängigkeit 

Die Axpo bezieht drei Viertel des Brennstoffs von Rosatom. Axpo-Mann Willibald Kohlpaintner dazu: «Es gibt natürliche eine Abhängigkeit, wir prüfen zurzeit intensiv, wie wir die Abhängigkeit von russischem Brennstoff verringern können.» Die Axpo verfüge zudem für Notfälle in Westeuropa über ein Lager von Natururan und von leicht angereichertem Uran.  

Wir prüfen zurzeit intensiv, wie wir die Abhängigkeit von russischem Brennstoff verringern können.
Autor: Willibald Kohlpaintner Leiter Division Kernkraft Axpo

In Schweden hatte der Vattenfall-Konzern wenige Tage nach dem Einmarsch von Russland in die Ukraine reagiert und einen Liefervertrag mit Rosatom gekappt. Die Firma schreibt der «Rundschau»: «Die russische Invasion hat Vattenfall zur Entscheidung geführt, so schnell wie möglich die Beziehungen zu allen russischen Lieferanten zu beenden oder auf ein Minimum zu reduzieren.» Vattenfall betreibt in Ringhals ein AKW.

Rundschau, 30.3.2022, 20:05 Uhr

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