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Bayern rückt nach rechts Einige hegen grosse Pläne – nach Bayern ist vor Berlin

In Bayern bleibt es wohl bei der bürgerlichen Koalition zwischen CSU und Freien Wählern (FW). Ministerpräsident Markus Söder hat von Anfang an dafür geworben und sich jede Alternative verbaut: Seine tiefe Abneigung gegen die Grünen war zentraler Bestandteil seines Bierzelt-Wahlkampfs. Gegen die AfD hat er sich immer klar positioniert. Rein rechnerisch bleibt dann kein Partner übrig: Die SPD verharrt im einstelligen Prozentbereich, die FDP fliegt aus dem Landtag.

Söder hat sich den Freien Wählern ausgeliefert

Markus Söder hat sich von Hubert Aiwanger abhängig gemacht. Das gibt dessen Partei mit Zugewinnen noch mehr Gewicht innerhalb der künftigen Regierung.

Dieser Koalitionspartner aber hat sich schon als unberechenbar erwiesen: FW-Chef Aiwanger scheut sich nicht davor, tief in die rechtspopulistische Kiste zu greifen: Der gewählte Wirtschaftsminister sorgte für Empörung, als er davon sprach, die schweigende Mehrheit müsse sich die «Demokratie zurückholen».

AfD profitiert von der Migrationsdebatte

Die AfD macht einen grossen Zugewinn an Wählerstimmen. Sie hat stark von der zuletzt hitzig geführten Debatte um Asyl und Migration profitiert.

Offenbar trauen ihr die Menschen Kompetenz in diesem Bereich zu. Dass Wählende aus dem ganzen Parteienspektrum zur AfD wechselten, zeigt, dass die Vorbehalte auch im Westen gesunken sind, die in Teilen rechtsextreme AfD zu wählen.

Hetzblatt verleiht Flügel

Die Affäre um ein antisemitisches Flugblatt in der Schulzeit hat Aiwanger von den Freien Wählern nicht geschadet. Der Opfermythos verfing. Mitregieren und dennoch Opposition spielen, hat Aiwanger nicht zum Nachteil gereicht.

Die Freien Wähler füllen ausserdem eine vermeintliche Lücke: Sie bieten sich als wertkonservative Partei an, ohne den Ruch des Rechtsextremismus. Die Partei will nun in den Bundestag. Das dürfte allerdings nicht einfach werden. Denn sie hat ihren Ursprung in unabhängigen, lokalen Wählergemeinschaften. Parteistrukturen lehnen viele ab. Kommt dazu, dass man nur Hubert Aiwanger kennt. Dass er bei Norddeutschen auf viel Sympathie stösst, darf bezweifelt werden.

Markus Söder als Kanzler? Sag niemals nie

Und wie sieht es mit den Ambitionen von Markus Söder aus? Mit dem schlechtesten Ergebnis der CSU seit den 50er-Jahren ist seine Machtbasis verhältnismässig ausgedünnt. Man möchte meinen, damit erübrige sich die allfällige Kanzlerfrage. Es kommt ja auch noch die Affäre um die Hetzschrift von Aiwanger dazu. Söder hat sich trotz offener Fragen hinter seinen wenig demütigen Vize gestellt. Und obwohl die Situation schwierig war für Söder, wird die moralische Frage aufkommen, wenn es um einen künftigen Kanzler geht.

Schliesslich hat Söder sich auch als Teamplayer disqualifiziert: Als er gegen Armin Laschet als Unions-Kanzlerkandidat verlor, stellte er sich nicht hinter ihn, sondern schoss permanent Giftpfeile in dessen Richtung. Das nehmen ihm viele in der Union übel. Aber: Söder gilt schon lange als machthungrig und rücksichtslos, aber auch als exzellenter Strippenzieher. Ihm traut man vieles zu.

Simone Fatzer

Deutschland-Korrespondentin

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Simone Fatzer arbeitet seit 1998 für Radio SRF, unter anderem als Moderatorin der Sendung «Echo der Zeit» und als Dossierverantwortliche für Deutschland. Seit September 2021 ist sie Korrespondentin in Berlin.

 

 

Tagesschau, 08.10.2023, 19:30 Uhr

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