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Israelischer Zivilist stoppt Terrorattacke – und wird erschossen
Aus SRF 4 News aktuell vom 05.12.2023. Bild: Mostafa Alkharouf/Anadolu via Getty Images
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Bei Terrorattacke in Jerusalem Aufschrei in Israel nach Tötung eines Zivilisten durch die Armee

Ein Anwalt riskierte sein Leben, um Hamas-Terroristen zu bekämpfen – und geriet unter Beschuss israelischer Soldaten. Die Empörung im Land ist gross.

Getötet von der eigenen Armee: Ein israelischer Zivilist ist am Donnerstag mutmasslich von einem Soldaten erschossen worden. Der Mann hatte bei einem Terrorangriff der Hamas in Jerusalem eingegriffen. Und wurde irrtümlich selber für einen Terroristen gehalten. Der Fall schlägt in Israel hohe Wellen.

Die beiden Angreifer der Hamas töteten an einer Bushaltestelle drei Menschen. Ein Anwalt befand sich mit dem Auto auf dem Weg zur Arbeit, als die Schüsse fielen. Der 37-Jährige führte eine Waffe mit und eröffnete das Feuer auf die Terroristen – und wurde dann selbst von herbeigeeilten Armeeangehörigen getötet.

Angehörige sprechen von «Hinrichtung»

Kurz nach der Tat trat einer der Soldaten im israelischen Fernsehen auf und prahlte damit, dass er einen Terroristen erschossen habe und sich nun ein «X» in seine Waffe eingravieren lassen könne.

In den sozialen Medien tauchte dann aber ein Video auf, das in Israel für Empörung sorgte. «Dieses Video zeigt, wie der Soldat den Zivilisten brutal mit vier Schüssen erschiesst. Dieser kniet am Boden und hält dabei die Hände in die Höhe», berichtet die Journalistin Inga Rogg aus Jerusalem.

Sicherheitskräfte sichern nach der Terrorattacke den Tatort ab
Legende: Bei der Terrorattacke in Westjerusalem wurden am 30. November drei Israelis getötet, drei weitere wurden verletzt. Anadolu via Getty Images / Mostafa Alkharouf

In den Medien spricht die Familie des getöteten Anwalts von einer «Hinrichtung». Auf dem Video einer Überwachungskamera ist zu sehen, wie der Mann seine Waffe wegwirft, bevor ihn der Soldat unter Beschuss nimmt. Laut Augenzeugenberichten soll der Mann zuvor noch auf Hebräisch «schiesst nicht!» gerufen haben. Viele Menschen in Israel habe der Fall schockiert, sagt Rogg. «Denn in diesem Fall wurde kein Palästinenser erschossen, sondern ein Israeli, der sein eigenes Leben riskiert hat, um Schlimmeres zu verhindern.»

Zivilisten sollen sich bewaffnen

Die Erschiessung des Zivilisten befeuert die Debatte um das Waffenrecht im Land. So hat Israel nach dem Hamas-Terror vom 7. Oktober die strikten Waffengesetze gelockert. Viele Menschen führen nun eine Waffe mit sich, um sich im öffentlichen Raum zu schützen. Die Regierung will sie mit der Gesetzesänderung bewusst dazu ermutigen, sich zu bewaffnen.

Premierminister Benjamin Netanjahu bezeichnete die Tötung zunächst als «Kollateralschaden». Waffen könnten dabei helfen, Angriffe abzuwehren. «Das ist der Preis, den man zahlen muss. So ist das Leben.» Als schliesslich immer klarer wurde, dass von dem Zivilisten keinerlei Gefahr für die Soldaten ausging, sprach er der Familie sein Beileid aus und versprach eine gründliche Untersuchung.«Auch die Armee hat keine gute Figur gemacht», schätzt Rogg. «Sie hat die beteiligten Soldaten zwar am Sonntag verhört. Aber erst am Montag nahm die Militärpolizei den Todesschützen fest.»

Israel ist nach den Massakern vom 7. Oktober traumatisiert.
Autor: Inga Rogg Freie Journalistin in Jerusalem

In rechten Kreisen wurde der Soldat zunächst gefeiert. Der Polizeiminister Itamar Ben-Gvir bezeichnete ihn als Helden. Interesse daran, die Waffengesetze nach dem Vorfall wieder zu verschärfen, zeigt er nicht. «Kritiker werfen Ben-Gvir vor, dass er eine Privatmiliz aufbauen wolle», berichtet Rogg.

Ben Gvir an einer Medienkonferenz in Jerusalem (November 2022)
Legende: Am Montag erklärte der rechtsextreme Politiker Itamar Ben-Gvir, dass 260'000 Personen in Israel einen Antrag für einen Waffenschein gestellt hätten. Getty Images / Amir Levy

Ob die Erschiessung des israelischen Anwalts doch noch Folgen zeitigt, bleibt abzuwarten. «Israel ist nach den Massakern vom 7. Oktober traumatisiert», schliesst die Journalistin. Die Bevölkerung fühle sich einer ständigen Bedrohung ausgesetzt. Sollte es aber vergleichbare Zwischenfälle geben, könnte sich die Debatte um die Bewaffnung der Zivilbevölkerung verschärfen.

SRF 4 News, 05.12.2023, 06:20 Uhr;

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