«Wir sind total glücklich und dankbar», sagt Agnes Becker überwältigt. Die Lokalpolitikerin von der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) hat alle Rekorde gebrochen. Ihr Volksbegehren Artenvielfalt «Rettet die Bienen» hat fast doppelt so viele Unterschriften erhalten, als nötig gewesen wären.
Zehn Prozent der Stimmberechtigten müssen unterschreiben, damit im Freistaat Bayern ein Volksbegehren zustande kommt – mitgemacht haben 18.4 Prozent oder 1'745'383 Unterschriften. «Das ist ein wirklich ganz tolles Zeichen für den Artenschutz in Bayern», sagt Becker.
In vielen Städten und Gemeinden standen die Menschen Schlange, um für das Volksbegehren zu unterschreiben – trotz strömenden Regens und Schneetreibens.
Obwohl sich bereits vor Ablauf der zweiwöchigen Sammelfrist abzeichnete, dass die nötigen Unterschriften zusammenkommen würden, hielt das Interesse der Bevölkerung bis zuletzt an.
Insektensterben ist spürbar
Die Bienen sind der Aufhänger, doch es geht um viel mehr: Drei Viertel aller Insekten sind in Deutschland in den letzten 27 Jahren verschwunden. Das belegte jüngst eine Studie und ist auch spürbar.
Darum fordern die Initianten in Bayern mehr Wiesen, mehr ökologisch bewirtschaftete Flächen und weniger Pestizide. Die intensive Landwirtschaft in Bayern gilt als Hauptursache für das Verschwinden von Schmetterlingen, Käfern und anderen Insekten.
«Dieses einseitige ‹an die Wand Stellen› der Landwirtschaft wird zu keinen Lösungen führen», entgegnet Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Er bittet nun zum runden Tisch und hofft, eine Lösung zu finden, die Bauern und Bienen gerecht wird.
Das dürfte schwierig werden. Die Initianten haben bereits angekündigt, ihr Volksbegehren sei die Messlatte. «Darunter werden wir nicht gehen», sagt der Fraktionschef der Grünen im Bayerischen Landtag.
Ministerpräsident Söder unter Zugzwang
Das Volksbegehren kommt nun in den Landtag. Wird es dort abgelehnt, wovon auszugehen ist, folgt automatisch eine Volksabstimmung. Markus Söder will nun ein eigenes Gesetz ausarbeiten, um zu verhindern, dass der Entwurf der Initianten an der Urne durchkommt und der Landwirtschaft strenge Regeln auferlegt werden. Söder droht ein Fiasko, sind doch die Bauern die Stammwähler seiner CSU.
Bereits im Frühsommer soll der Gegenentwurf der Regierung vorliegen. Voraussichtlich im Herbst wird die Bevölkerung über beide Vorlagen abstimmen. Die Biene und ihre Artgenossen werden Bayern den Sommer über begleiten – zwar immer seltener auf der Wiese, dafür umso mehr politisch.