Die Ökonomin ist seit zwei Jahren für die Innere Sicherheit im Vereinigten Königreich zuständig. Wie sie den Alltag der Britinnen und Briten sicherer machen will, erklärte Priti Patel am letzten Parteitag der Konservativen: «Zu den Bürgerinnen und Bürgern – wir hören euer Bedürfnis nach Sicherheit. Zu unserer Polizei – wir stehen hinter euch. Und zu allen Kriminellen im Land – wir werden euch jagen und erwischen.»
Das Hauptanliegen der indischstämmigen Ministerin bleibt jedoch die Umsetzung eines der grossen Versprechen der Pro-Brexit-Kampagne: Das Ende der Personenfreizügigkeit und ein Einwanderungsgesetz, das die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer im Königreich reduziert.
Ein Punktesystem soll den Zugang nur noch jenen gewähren, die gebraucht werden. Ungelernten und Hilfskräften, die schlecht Englisch sprechen, soll die Einreise weitgehend untersagt werden. Härter anfassen will Patel auch Flüchtlinge und Migranten, die in Gummibooten den Ärmelkanal überqueren: «Nach Jahrzehnten der völlig unkontrollierten Immigration wollen wir endlich wieder ein System, das unsere Grenze vor illegalen Einwanderern sicher macht.»
Idee von Lager auf hoher See
Die Umsetzung ist nicht leicht. Der Brexit bedeutete auch das Ende des Dubliner Abkommens. Das heisst, dass Flüchtlinge aus europäischen Ländern, egal ob schon in der EU registriert oder nicht, nicht mehr zurückgeschafft werden können. In Patels Ministerium gibt es deshalb Pläne, illegale Einwanderer auf Inseln im Südatlantik unterzubringen.
Mit Dänemark wurden Gespräche geführt, Flüchtlingslager in Zentralafrika zu betreiben. Und kurzfristig wurde sogar die Idee geprüft, sie auf ausrangierten Ölbohrplattformen zu internieren.
Damit hält Patel den rechten Flügel der Konservativen bei Laune und bringt die linke Opposition in Rage: «Patel führt ständig neue drakonische Einwanderungsgesetze ein und die Art, wie sie über Migranten spricht, grenzt an Rassismus», sagt die schwarze Labour-Abgeordnete Dawn Butler. Das bringt Patel nicht aus der Ruhe.
Rundschau vom 30. Juni 1977
Ihre Familie floh in den 1960er Jahren aus Uganda, als sich die Machtübernahme durch den späteren Despoten Idi Amin abzeichnete.
Sie benötige von niemandem Lektionen, was Flucht, Migration und Rassismus bedeute, so Patel. «Wir reden hier von der Innenministerin, die auf dem Spielplatz als indische Kuh bezeichnet wurde, und der später geraten wurde, den Namen ihres Ehemannes zu übernehmen.» Ihren Namen behielt sie und machte trotzdem eine Bilderbuchkarriere.
Mit Boris Johnson teilt sie neben Ideologie und Partei noch eine weitere Eigenschaft: Fehltritte überlebt sie ziemlich schadlos. Etwa, als unlängst ein hoher Beamter ihres Ministeriums ihr vorwarf, sie habe ihn und andere Mitarbeiter angeschrien und gedemütigt. Am Ende mussten der Chefbeamte und der Ombudsmann, der den Fall untersuchte, gehen.
Protegiert von Boris Johnson
Der Premier weiss, was er an ihr hat, und nimmt sie in Schutz. «Sie macht unser Land sicher, in dem sie mehr Polizisten anstellt, dafür sorgt, dass Straftäter nicht mehr frühzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden, und wir die Asylkrise endlich in den Griff bekommen», so Johnson.
Die Migrationspolitik wird von Patel vertreten, wie sie fast alles vertritt: mit schneidender Stimme und wenig Selbstzweifel. Kürzlich musste die Innenministerin jedoch in einem Interview zerknirscht zugeben, dass man ihrer Familie wahrscheinlich die Einwanderung verwehrt hätte, wenn ihr Einwanderungsgesetz damals schon in Kraft gewesen wäre.