Seit Margaret Thatcher Grossbritannien als Premierministerin regierte, dominiert eine wirtschaftsfreundliche Ideologie bei den Staatsbetrieben. Wasserversorgung, Energieunternehmen oder die Eisenbahn wurden auf der Insel privatisiert und sollten sich dem freien Markt stellen. Mehr Wettbewerb, weniger Bürokratie: so das Versprechen.
Der Weg nach Edinburgh rentiert sich nicht
Doch nun, rund drei Jahrzehnte später, findet in der Bevölkerung ein Stimmungsumschwung statt. In einer Umfrage zeigten sich rund zwei Drittel der Briten unzufrieden mit den Privatisierungen, sie wünschen sich, dass manche Versorger wieder in staatliche Hände fallen. Gerade die Eisenbahn ist statt eines Musterschülers zurzeit eher ein Problemkind.
Ein Beispiel: die Strecke zwischen London und Edinburgh. Die Bahnlinie ist nicht rentabel genug. Zuletzt hatte Unternehmer und Milliardär Richard Branson sein Glück versucht – und kurz darauf wieder kapituliert. Bereits zum dritten Mal innert 15 Jahren übernimmt der Staat die Strecke, eine Schmach für Transportminister Chris Grayling von Theresa Mays konservativer Partei.
Teuer und nicht zuverlässig
Die Opposition um Labour-Anführer Jeremy Corbyn sieht sich bestätigt: Die Privatisierungswelle Thatchers müsse rückgängig gemacht werden. «Die Öffentlichkeit bezahlt die Infrastruktur und die privaten Unternehmen schaffen es nicht rentabel zu fahren», klagt der Linkspolitiker.
Bei der britischen Eisenbahn ist der Lack ab. Es kommt zu zahlreichen Verspätungen und Ausfällen, die Zugbillette gehören zu den teuersten Europas. In der Bevölkerung steigt die Unzufriedenheit.
Liegt die Schuld beim Staat?
Ist die Privatisierung der Bahn für den schlechten Service verantwortlich? Das sehen nicht alle so. Für Duncan Simpson von der Allianz der Steuerzahler liegt die Schuld beim staatlichen Teil des Bahnsystems: «Die schlechte Infrastruktur ist für zwei Drittel der Verspätungen verantwortlich und diese ist ja in staatlicher Hand.» Die Privatisierung der Bahn ging für Simpson nicht weit genug.
Bis jetzt überzeugt das Zusammenspiel von Staat und Privatwirtschaft jedenfalls nicht. Sollte sich die Situation nicht verbessern, wird die Kritik an der teilprivatisierten Bahn auf beiden Seiten immer lauter werden.