Die Rolle der Schweiz: Die Schweiz gehört zu jenen Kleinstaaten, die in der UNO in einer höheren Liga spielen, als es ihrer Grösse entspricht. Länder wie Norwegen oder Liechtenstein tun das auch. Entscheidend dafür ist langfristiges Engagement, entscheidend sind aber auch Ideen, wie man sich sinnvoll einbringen kann.
Didier Burkhalter hat es geschafft, der Schweiz ihren prominenten Platz in der UNO zu sichern – einen Platz, den sie sich unter Burkhalters Vorgängerin Micheline Calmy-Rey erobert hatte. Eine wichtige Rolle dabei spielt auch, dass das Aussenministerium wiederholt hochkarätige Botschafter an den UNO-Sitz entsandte.
Vermittlung und Prävention: Burkhalters Ziel war es, die Schweiz als Anbieterin von Vermittlung, Mediation und Prävention zu positionieren. Ein sinnvolles Ziel. Denn diese Dinge brauchen erstens einen langen Atem, zweitens braucht es Spezialisten, die in Konflikten und bei der Verhinderung von Konflikten eine Rolle spielen können. Drittens ist es nicht ganz billig. Die Schweiz als wohlhabendes Land mit geeignetem Personal verfügt also über gute Voraussetzungen.
Zugute kommt ihr im Moment, dass auch der neue UNO-Generalsekretär Antonio Guterres stark auf Mediation und Prävention setzt. Die UNO, so seine Überzeugung, sei oft nicht erfolgreich beim Schlichten von Konflikten – wie etwa der tragische Fall Syrien zeigt – bei der Verhinderung von Kriegen und Krisen könne sie vermutlich deutlich mehr bewirken.
Wasser: Das Lieblingsthema von Burkhalter in der UNO. Immer und immer wieder setzte er sich dafür ein, dass die Wasserpolitik auf die UNO-Agenda gelangt – und hat das am Ende auch geschafft. Die Überlegung hinter seinem Einsatz ist, dass viele Konflikte auch mit Wassermangel zu tun haben. Mit der Klimaveränderung dürfte es künftig sogar noch mehr Konflikte um Wasser geben. Da vorzubeugen, könnte sich also lohnen und regelrechte Wasserkriege verhindern.
Reformen: Die Schweiz möchte die UNO stärker und effizienter machen. Ein schwieriges Unterfangen in einer Organisation mit 193 Mitgliedern und höchst unterschiedlichen Kulturen. Vor allem beim Sicherheitsrat sieht Didier Burkhalter Reformbedarf. Die Schweiz tat sich mit einigen andern, meist kleinen Ländern zusammen, um Druck zu machen auf das mächtigste UNO-Organ. Nicht ganz ohne Erfolg. So operiert der Sicherheitsrat inzwischen transparenter. All jene Länder, die ihm nicht angehören – also die meisten – werden besser informiert, mitunter auch konsultiert.
Ebenfalls weniger geheimnistuerisch als zuvor verlief die Wahl des Generalsekretärs 2016. Früher kungelten das jeweils fast ausschliesslich die Vetomächten im Sicherheitsrat aus, also die USA, Russland, China, Frankreich und Grossbritannien. Bei der Wahl von Antonio Guterres wusste man erstmals, wer überhaupt kandidiert. Und die Anwärter mussten sich sogar Anhörungen durch die Generalversammlung stellen. Bei anderen Anliegen, etwa der Forderung, dass die Vetomächte in Fällen von Menschenrechtsverbrechen und Genoziden auf ihr Vetorecht verzichten, ist man aber noch längst nicht am Ziel.
Uno-Sitz Genf: Noch vor ein paar Jahren war der Genfer UNO-Sitz bedroht. Immer mehr Hauptstädte interessierten sich dafür, Sitz einer UNO-Organisation zu werden: von Seoul bis Kopenhagen, von Bonn bis Abu Dhabi. Dazu kam: Der Palais des Nations ist dringend renovationsbedürftig. Doch die Schweizer Aussenpolitik unter Didier Burkhalter hat nun den Kampf gewonnen: Die Mittel für die Grundüberholung des Genfer UNO-Sitzes sind gesprochen, die Arbeiten beginnen. Und es scheint gar zu gelingen, Genf als zweitwichtigsten UNO-Sitz nach New York noch aufzuwerten. Die Stärkung Genfs ist umso wichtiger, als es in der UNO in den nächsten Jahren grosse Spardebatten geben wird – und da hätte Genf leicht unter die Räder kommen können.
Verhältnis zum Chef: Didier Burkhalter hat einen guten Draht zum neuen Generalsekretär Antonio Guterres. Zehn Jahre lang führte dieser das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge UNHCR. Eine seiner ersten offiziellen Antrittsbesuche machte er in Bern. Der Kontakt an die Spitze des UNO-Apparates ist also wieder enger als unter der Ägide des Südkoreaners Ban Ki-Moon.
Selber UNO-Chef? Vor allem, beziehungsweise fast ausschliesslich einige Schweizer Medien hatten Burkhalter sogar als Kandidaten für die Nachfolge von UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon gehandelt. Tatsächlich war der Schweizer Aussenminister offiziell nie Anwärter auf den Spitzenposten der Weltpolitik. Denn eigentlich suchte die Weltgemeinschaft eine Frau – eine Forderung, die auch von der Schweiz unterstützt wurde – am liebsten eine Frau aus Osteuropa. Denn bisher war noch nie eine Frau und noch nie ein Osteuropäer UNO-Chef. Am Ende wurde es mit Antonio Guterres trotzdem ein Mann aus Westeuropa. Das heisst: Völlig chancenlos also wäre wohl eine Kandidatur Burkhalters nicht gewesen. Bloss: Wirklich als heisser Anwärter auf das Amt galt er am East River nie.