Zum Inhalt springen

Cassis im UNO-Sicherheitsrat Das Recht in einer Welt der Macht

Das Treffen des UNO-Sicherheitsrats in New York sollte Aufbruch markieren. Dabei bot sich ein Bild der Hilflosigkeit.

UNO-Generalsekretär António Guterres sagte es gleich zum Auftakt der Sitzung so kurz wie klar: «Das Risiko ist gross, dass weltweit zunehmend die Rechtlosigkeit, statt das Recht regiert. Von der illegalen Entwicklung von Atomwaffen bis zur illegalen Gewaltanwendung foutieren sich Staaten um das Völkerrecht – ohne dafür bestraft zu werden. Verfassungswidrige Regierungswechsel und Putschs sind wieder in Mode.»

Es mangelte nicht an Beispielen

Bundesrat Ignazio Cassis sieht die Grundlagen der UNO-Charta unter Druck. Er nannte den russischen Überfall auf die Ukraine als konkrete und flagrante Verletzung der völkerrechtlichen Prinzipien: «Dabei ist die Rechtsstaatlichkeit das Rückgrat jenes Systems, für das die UNO-Charta steht.»

Es mangelte nicht an Beispielen und auch nicht an Schuldzuweisungen. Die amerikanische UNO-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield kritisierte neben Russland und China ganz besonders das nordkoreanische Regime in aller Schärfe. Ein Regime, das wiederum durch das Veto der russischen und chinesischen Machthaber vor weiteren Sanktionen geschützt wird. «Nützen wir unsere Machtbefugnisse?», fragte die Amerikanerin. Die Antwort liegt auf der Hand.

Hilflosigkeit in New York

Doch was ist zu tun? Thomas-Greenfield fordert allen voran die mächtigen UNO-Vetomächte auf, ihrer besonderen Verantwortung gerecht zu werden. Ignazio Cassis verlangt, «Organe und Organisationen wie den UNO-Menschenrechtsrat, das oberste UNO-Gericht, den internationalen Strafgerichtshof oder UNO-Untersuchungsmissionen zu stärken».

Japans Aussenminister Yoshimasa Hayashi, dessen Land die Sondersitzung einberufen hatte, schliesst aus der Kritik am UNO-Sicherheitsrat, dass sich dessen Mitglieder wieder «versammeln müssen, um die Grundsätze des Rechts». Drastischer formuliert es die amerikanische UNO-Botschafterin: «Das internationale Recht kann die Welt vor der Hölle bewahren. Und sie dem Frieden näherbringen.»

Gegen all das ist nichts zu sagen. Alles ist richtig. Und dringend nötig. Doch gleichzeitig klingt es nach Pfeifen im Wald. Verunsichert, wenig zuversichtlich. Die Worte «sollte» und «müsste» waren die meistverwendeten. Das Treffen in New York sollte Aufbruch markieren. Es signalisierte stattdessen und mindestens ebenso sehr Hilflosigkeit.

Echo der Zeit, 12.1.2023, 18:00 Uhr

Meistgelesene Artikel