- Die britische Premierministerin Theresa May macht das Parlament in London für die sich anbahnende Verzögerung des EU-Austritts verantwortlich.
- Ausserdem stellt sie nochmals klar, dass eine Verlängerung des EU-Verbleibs über den 30. Juni hinaus für sie nicht infrage komme.
- Für EU-Ratspräsident Donald Tusk wäre eine «kurze Brexit-Verlängerung» möglich, sofern das britische Parlament den Austrittsvertrag doch noch annehme.
- Die Verschiebung muss aber noch von den 27 übrigen EU-Ländern einstimmig gebilligt werden.
Schon am Freitag in einer Woche wollte Grossbritannien eigentlich aus der EU austreten. Jetzt hat Premierministerin May um einen Aufschub gebeten – der soll aber nicht länger als drei Monate dauern.
Eine Teilnahme an den Europawahlen Ende Mai lehnt May ab. Das wäre die Voraussetzung für einen längeren Aufschub. «Ich glaube, dass es nicht in unserem beiderseitigen Interesse wäre, wenn Grossbritannien an den Wahlen zum Europaparlament teilnehmen würde.» Die Entscheidung liege jetzt bei den britischen Abgeordneten. Sie hoffe, dass diese nun doch noch dem
von ihr mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag zustimmen.
«Kurze Verschiebung» für EU möglich
EU-Ratspräsident Donald Tusk hält nach Rücksprache mit anderen europäischen Politikern eine «kurze Verschiebung» des Brexit für möglich, falls das britische Parlament den Austrittsvertrag annimmt.
Das neue Datum werfe allerdings eine Reihe ernster juristischer und politischer Fragen auf. Die EU-Staats- und Regierungschefs würden diese beim Gipfel am Donnerstag besprechen. Kein Problem sieht der Ratspräsident darin, die Zustimmung der übrigen 27 Länder für die letzten Nachbesserungen des Vertragspakets von voriger Woche zu bekommen. Derzeit erwartet er keinen Sondergipfel für nächste Woche.
Die britische Regierung will am kommenden Montag im Unterhaus ihre Pläne für einen EU-Austritt debattieren. Das kündigt Brexit-Minister Stephen Barclay an.
Keine Entscheidung am EU-Gipfel
Ursprünglich wollte sich Grossbritannien am 29. März von der Staatengemeinschaft trennen. Doch der Termin ist nicht mehr zu halten – es sei denn, das Land scheidet ohne Deal aus der EU aus.
Über die Verschiebung wird nach Einschätzung des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker erst kurz vor dem 29. März entschieden werden. Er rechne nicht mit einer Entscheidung beim EU-Gipfel diese Woche, sagte Juncker vor Tusks Medienkonferenz im Deutschlandfunk. Zunächst müsse May eine Zustimmung ihres Parlaments zum fertigen Austrittsabkommen «im Gepäck haben», betonte Juncker.
Zitterpartie bis zum Austrittsdatum?
Nach Junckers Ansage könnte die Zitterpartie um einen möglicherweise folgenschweren Bruch ohne Vertrag bis zur letzten Minute vor dem offiziellen Austrittsdatum andauern. Der Kommissionschef bekräftigte, dass die EU keine weiteren Zugeständnisse an Grossbritannien machen werde. Die Verhandlungen seien abgeschlossen.
Ein möglicher Aufschub ist aus Sicht Frankreichs nicht selbstverständlich. Zum einen müsse London einen Plan vorlegen und aufzeigen, wie die gewonnene Zeit genutzt werden solle, hiess es aus Élysée-Kreisen. Zum anderen dürfe das Funktionieren der EU nicht gefährdet werden, etwa bei den Europawahlen und Haushaltsfragen.