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Cohen vor dem Kongress Trumps Ex-Anwalt lässt kein gutes Haar am US-Präsidenten

  • Michael Cohen stellte sich bei einer öffentlichen Anhörung den Fragen der Abgeordneten im Kongress.
  • Der Ex-Anwalt von Donald Trump bezeichnete diesen als «Rassisten», «Hochstapler» und «Betrüger». Er bereue, für ihn gearbeitet zu haben.
  • Er bezweifle, dass es eine friedliche Machtübergabe geben werde, sollte Trump die Präsidentschaftswahl 2020 verlieren, sagte Cohen zum Abschluss.
  • Der 52-Jährige, der mehr als ein Jahrzehnt für Trump gearbeitet hat, ist eine zentrale Figur in mehreren Affären um den Präsidenten.

«Er ist ein Rassist. Er ist ein Betrüger. Er ist ein Schwindler», sagte Cohen über den US-Präsidenten. «Ich schäme mich, dass ich dazu beigetragen habe, Herrn Trumps unerlaubte Handlungen zu verschleiern, statt auf mein eigenes Gewissen zu hören.»

Cohen legte dem Ausschuss Dokumente vor, mit denen er seine Anschuldigungen gegen den Präsidenten nach eigenen Angaben «unwiderlegbar» beweisen könne. Darunter war die Kopie eines Schecks, mit dem der Präsident ihn für die Zahlung von Schweigegeld an zwei Frauen entschädigt habe, sagte Cohen.

Diese Frauen hatten vor der Wahl 2016 behauptet, eine sexuelle Affäre mit Trump gehabt zu haben. Da dieses Geld kurz vor der Wahl geflossen war, geht es womöglich um strafbare Versuche, die Umstände der Zahlung im Nachhinein zu verschleiern.

Einschätzung: Beichte in gehässiger Atmosphäre

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Für SRF-Korrespondent Matthias Kündig präsentiert sich Cohen am Hearing als «zerknirschter, reuiger Sünder», der mit seiner dunklen Vergangenheit ins Reine kommen wolle. Das Eröffnungsstatement sei eine klassische Beichte gewesen – inklusive Entschuldigungen gegenüber dem Kongress, seiner Familie, ja der ganzen Nation.

Insgesamt fand das Hearing im Repräsentantenhaus in gehässiger Atmosphäre statt, so Kündig. Am Ende sei es aber – auch in den Medien – eine erschreckend geringe Auseinandersetzung mit konkreten Fakten. Die jeweiligen Lager fokussierten auf die Dinge, die die eigene Sichtweise stützten, so der SRF-Korrespondent.

Die wütende Anklage gegenüber dem notorischen «Lügner» und «Rassisten» Trump macht zwar Schlagzeilen. Es bleibe aber die Frage: Kann Trumps Ex-Anwalt auch etwas ins Feld führen, das dem Präsidenten gefährlich wird? Bislang habe Cohen nichts grundsätzlich Neues gesagt, das nicht schon medial durchgesickert sei, sagt Kündig.

Aber: Cohen habe durchaus interessante Details geliefert. Etwa, dass dieser im Vorfeld über den Clinton-Hack informiert gewesen sei. Oder auch, dass Trump vom Treffen seines Sohnes mit Russen gewusst habe. Beides hatte Trump immer bestritten.

Für Kündig ist klar: «Inhaltlich brachte die Anhörung wenig neue Erkenntnisse. Michael Cohen deutete bloss an, dass Bundesanwälte in New York derzeit mögliche strafbare Handlungen des Präsidenten untersuchen. Mit dem Verweis auf die laufenden Ermittlungen verweigerte Cohen aber konkrete Angaben.»

Cohens Lüge zu Trump-Tower in Moskau

Cohen gab unter anderem zu, in früheren Aussagen gegenüber dem Kongress über einen Trump Tower in Moskau gelogen zu haben. Trump verfolgte das Hochhausprojekt demnach deutlich länger als ursprünglich von Cohen angegeben – nämlich bis mindestens Juni 2016, als Trump bereits so gut wie sicher als republikanischer Präsidentschaftskandidat feststand.

Trumps langjähriger Anwalt räumte ein, dass er keine Beweise für eine Zusammenarbeit von dessen Wahlkampfteam mit Russland habe. Er habe in dieser Frage aber «Verdächtigungen». Der Frage einer solchen Zusammenarbeit geht derzeit Sonderermittler Robert Mueller nach. Trump bestreitet die Vorwürfe vehement.

Abgeordnete von Trumps Republikanischer Partei hatten zu Beginn der Sitzung vergeblich versucht, mit Verweis auf Geschäftsordnungsfragen eine Verschiebung von Cohens Anhörung zu erwirken. Damit konnten sie sich aber nicht durchsetzen. Der demokratische Ausschussvorsitzende Elijah Cummings eröffnete die Anhörung mit den Worten: «Meine Damen und Herren, wir sind auf der Suche nach der Wahrheit.»

E-Mail-Veröffentlichung durch Wikileaks

Cohen hat den US-Präsidenten beschuldigt, vorab von der Veröffentlichung gehackter E-Mails der Demokraten durch Wikileaks im Wahlkampf 2016 gewusst zu haben. Trump habe gewusst, dass sein langjähriger Vertrauter Roger Stone mit Wikileaks-Gründer Julian Assange über die Veröffentlichung der E-Mails gesprochen habe.

Er fügte hinzu, er sei bei einem Telefonat zwischen Trump und Stone anwesend gewesen, in dem Stone Trump darüber informiert habe, dass Wikileaks innerhalb weniger Tage E-Mails publik machen werde, die Hillary Clinton schaden werden.

Trump reagiert auf Twitter

Cohen bekräftigte auch, im Auftrag von Trump 130'000 Dollar Schweigegeld an die als Stormy Daniels bekannte Porno-Schauspielerin gezahlt zu haben, um eine Affäre mit ihr zu vertuschen. Der US-Präsident, der derzeit in Vietnam zum Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un ist, warf Cohen via Twitter vor zu lügen.

Cohen hatte bereits am Dienstag acht Stunden lang vor dem Geheimdienstausschuss des Senats ausgesagt. Am Donnerstag wird er nochmals hinter verschlossenen Türen befragt.

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