Die Bilder in den Medien und sozialen Medien in Südafrika zeigten endlos lange Warteschlangen vor den Schnapsläden und entsprechenden Jubel, als die Geschäfte endlich öffneten. Nach zwei Monaten auf dem Trockenen freuten sich die Südafrikaner sichtlich auf Bier, Wein und Schnaps.
Doch seine Landsleute könnten nicht gemässigt trinken, erläutert Charles Parry, Direktor der Abteilung Alkohol am South African Medical Research Council: «Wir haben eine Kultur des Komasaufens. Für viele Leute ist es nur ein toller Anlass, wenn sie stockbesoffen sind.» Das hat seinen Preis.
Doppelt so viele alkoholbedingte Notfälle
Genaue Daten von allen Spitälern des Landes gibt es nicht, doch seitdem das Alkoholverbot vergangene Woche aufgehoben worden ist, hätten sich die Notfälle im Zusammenhang mit Alkohol verdoppelt oder verdreifacht, so Professor Parry.
Dabei handelt es sich um Verkehrsunfälle oder Gewalttaten. «Schusswunden, Stichverletzungen, verletzte Autofahrer oder Fussgänger», zählt Parry auf. «Und wenn diese Notfälle gravierend sind, dann müssen sie auf die Intensivstation – und diese Betten auf der Intensivstation fehlen dann für die Covid-19-Patienten.»
Pandemie als Chance?
Mit gut 50'000 Infizierten und rund 1000 Toten ist Südafrika das am stärksten vom Coronavirus betroffene Land auf dem afrikanischen Kontinent. Mit dem harten Lockdown hat die Regierung Zeit geschunden, um das Gesundheitswesen zu schützen.
Damit konnte sie aufzeigen, wie sehr Betrunkene die Spitäler belasten würden. «Nie zuvor hatten wir die Möglichkeit, den Alkoholhahn in Südafrika zuzudrehen und zu realisieren, wie viel Spitalressourcen Alkoholunfälle binden», sagt Parry. Weltweit ist Südafrika die Nummer 6, wenn es um den Alkoholkonsum geht.
Darum sei die Corona-Pandemie auch eine Chance, um die Beziehung zum Alkohol in Südafrika zu hinterfragen. Noch ist der Corona-Peak jedoch nicht erreicht. Die Ärztinnen und Ärzte auf den Intensivstationen können somit nur hoffen, dass sich die Südafrikaner mit Trinkgelagen noch etwas zurückhalten können.