Das Infektionsgeschehen in China geht durch die Decke. Nachdem die Kommunistische Partei um Staatspräsident Xi Jinping die Null-Covid-Strategie aufgegeben hat, ist das geschehen, was der Infektiologe Jan Fehr von der Universität Zürich als «humanitäres Desaster» bezeichnet: Ein stark zirkulierendes Virus trifft auf eine Bevölkerung mit unzureichendem Impfschutz.
Wie hoch die Fall- und Todeszahlen in China tatsächlich sind, ist unklar. Die offiziellen Meldungen geben ein verfälschtes Bild ab. Der neuste Bericht der Gesundheitskommission vom 24. Dezember
geht von nur 4128 Infektionen aus.
Zum Vergleich: Die britische Analysefirma Airfinity schätzt, dass in der Volksrepublik derzeit nur schon
rund 5000 Personen täglich an Corona sterben.
Zudem sollen sich jeden Tag mehr als eine Million Menschen anstecken – eine Zahl, die sich in den nächsten Wochen verdreifachen könnte.
«China führt keine Massentests mehr durch und berichtet keine asymptomatischen Fälle mehr», erklärt Louise Blaire, Expertin für biochemische Immunologie und Chefanalystin von Airfinity, die nummerische Diskrepanz. Auch die WHO schlägt in die gleiche Kerbe und kritisiert die ungenügende Datenlage.
Italien schaltet in den Abwehrmodus
Das Virus wütet also in China. Und mit jeder Ansteckung besteht die Möglichkeit einer Mutation. Dies wiederum befeuert die Angst, dass sich eine neue Variante hierzulande ausbreiten und die Immunität umgehen könnte – ähnlich, wie es bei Delta und Omikron geschehen ist.
Blickt man auf die Reaktionen verschiedener Länder, scheint dies zunächst nicht aus der Luft gegriffen. So haben etwa die USA, Japan, Indien oder Taiwan bereits Einreisebeschränkungen verfügt. Und auch in Europa ist eine erste Regierung vorgeprescht: Italien verlangt von Personen, die aus China einreisen wollen, einen negativen Coronatest.
EU und Schweiz sehen von Einreisebeschränkungen ab
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Weil sich das Virus in China explosionsartig ausbreitet, hat sich der Gesundheitsausschuss der Europäischen Union am Donnerstag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengefunden. Damit will man die Massnahmen gegen die sich in China ausbreitende Pandemie koordinieren.
Italien pochte im Vorfeld darauf, dass die EU-Staaten seinem Beispiel folgen und die Einreise für aus China kommende Personen beschränken. Die Regierung um die neue Ministerpräsidentin Georgia Meloni ist mit ihrem Anliegen allerdings aufgelaufen: Die EU sieht von entsprechenden Restriktionen ab.
Frankreich: Keine wissenschaftliche Evidenz
Überraschend ist dies nicht, denn bereits früh hat sich gegen die italienische Initiative Widerstand formiert. So hatte etwa Frankreich verlauten lassen, dass Grenzkontrollen unnötig seien: «Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen gibt es keinen Grund für die Wiedereinführung von Grenzkontrollen», sagte die Chefin des Ausschusses zur Gesundheits-Risikobewertung, Brigitte Autran.
Für Deutschland ist die Situation in China alleine ebenfalls keinen Anlass für Einreisebeschränkungen. Man behalte die Situation aber sehr aufmerksam im Blick, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums.
Schweiz orientiert sich an EU
Auch das Staatssekretariat für Migration (SEM) ist nicht davon ausgegangen, dass die EU spezifische Restriktionen beschliesst. «Derzeit ist die Einreise für chinesische Staatsangehörige ohne pandemiebedingte Massnahmen möglich», sagt SEM-Sprecher Lukas Rieder. Weil Rieder gleichzeitig betont, dass sich die Schweiz als Schengen-Mitglied bei den Einreisebestimmungen an der EU orientiert, wird also auch die Schweiz von Restriktionen absehen.
Auch Simone Buchmann, Sprecherin vom Bundesamt für Gesundheit, sagt: «Zur Einreise in die Schweiz müssen derzeit keine Impf-, Genesungs- oder Testnachweise für Covid-19 erbracht werden. Derzeit ist auch nicht vorgesehen, grenzsanitarische Massnahmen einzuführen.»
China, Corona, Mutationen: Es sind Schlagwörter, die Emotionen hochkochen lassen. Doch sind ernsthafte Folgen für die Schweiz zu erwarten? Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gibt Entwarnung: «Wir haben keine Hinweise darauf, dass die in China zirkulierende Variante einen schwereren Krankheitsverlauf verursacht als die bisher bekannten Omikron-Varianten», sagt BAG-Sprecherin Simone Buchmann. Oder anders ausgedrückt: Es sei nicht davon auszugehen, dass vom aktuellen Infektionsgeschehen in China eine erhöhte Gefahr ausgeht.
Weshalb ein koordiniertes Vorgehen im Schengen-Raum wichtig ist
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Die Schweiz ist Mitglied des Schengen-Raums. Dies bedeutet, dass man Teil eines gemeinsamen Rechtsrahmens ist, der viele migrationsrechtliche Vorschriften wie die Reisefreiheit oder Visabestimmungen regelt. Derzeit gehören 26 Staaten, vor allem EU-Länder, dem Schengen-Raum an.
Das Schengen-Visum ist das häufigste beantragte Visum für Europa.
Es ermöglicht, von jedem Mitgliedstaat in den Schengen-Raum einzureisen und sich darin von Land zu Land frei zu bewegen, beispielsweise von Griechenland über Slowenien nach Österreich oder von Spanien über Frankreich in die Schweiz. Innerhalb der Schengen-Zone gibt es keine Grenzkontrollen. Das Schengen-Visum ist für bis zu 90 Tagen gültig, für längere Aufenthalte muss ein nationales Visum beantragt werden.
Wenn also die Schweiz wie Italien als bisher einziger Schengen-Staat Einreisebeschränkungen verordnen würde, wäre damit nicht zwingend gewährleistet, dass diese auch eingehalten werden. «Eine Einreise via einen anderen Schengen-Staat in die Schweiz wäre nicht zu verhindern», erklärt Lukas Rieder, Mediensprecher vom Staatssekretariat für Migration (SEM).
Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass die Immunität in der Schweiz höher ist als in China. «Die allermeisten Menschen in der Schweiz sind geimpft, haben eine Infektion durchgemacht, oder beides. Sie besitzen damit einen hohen Schutz vor einem schweren Verlauf», erklärt Buchmann.
Im Gegensatz dazu versucht man in China im Eilzugstempo direkt vom Lockdown in die rigorose Öffnung zu kommen. Für diese Schocktherapie bezahlt die chinesische Bevölkerung nun einen hohen Preis.
Der Spielraum für das Virus wird kleiner
Doch eine Frage bleibt: Wie wahrscheinlich ist es, dass bei der immensen Anzahl an Neuansteckungen in China eine Variante entsteht, die auch hier das Infektionsgeschehen auf den Kopf stellt?
Sehr klein, so die Meinung des Grossteils der Expertinnen und Experten. Das Virus dürfte seine Möglichkeiten bereits weit ausgereizt haben, unerwartete Entwicklungen bleiben wohl aus. Doch ganz sicher kann sich letztlich niemand sein – dafür hat die Pandemie schon zu oft überraschende Wendungen genommen.
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