Der Kampf gegen Cyberangriffe wird auch mit dem Schraubenzieher geführt. Am Nationalen Testinstitut für Cybersicherheit in Zug zerlegt Testexperte Andreas Leisibach einen Wechselrichter, das Herzstück einer Solaranlage. «Wir schauen, ob Hintertüren oder Schwachstellen eingebaut worden sind, mit denen der Hersteller oder ein Angreifer die Wechselrichter fernsteuern könnte», so Leisibach.
Seit dem Sommer untersuchen Leisibach und sein Team Wechselrichter. Ihre Sorge: Die meist ausländischen Hacker könnten versuchen, gleichzeitig viele Solaranlagen vom Netz zu nehmen und so für einen Stromausfall in der Schweiz sorgen.
Leicht weniger gemeldete Cybervorfälle
Das Nationale Testinstitut für Cybersicherheit erhält zwar Geld von der öffentlichen Hand, ist aber eine private Initiative. Es zeigt: In der Schweiz wird aufgerüstet im Kampf gegen die Cyberkriminalität – offenbar mit Erfolg.
Die Zahl der gemeldeten Vorfälle bleibt stabil. Sie ist in den letzten zwölf Monaten in der Tendenz gar leicht zurückgegangen.
Präventionsmassnahmen scheinen zu wirken
Der Direktor des Bundesamts für Cybersicherheit Florian Schütz bestätigt: Die Massnahmen gegen Cyberkriminalität scheinen zu greifen. «Wir haben viel in die Sensibilisierung der Unternehmen investiert, die begonnen haben, sich besser zu schützen. Gleichzeitig arbeiten wir mit Partnern zusammen, die zum Beispiel Schutzkonzepte für Gemeinden entwickeln.»
Für das Bundesamt für Cybersicherheit ist es positiv, dass die Zahl der gemeldeten Cybervorfälle zwar hoch, aber stabil ist, denn die Bedrohung nehme weiter zu. Schütz führt dies auf die geopolitisch schwierige Situation zurück. Gewisse Länder würden Informationen nicht mehr austauschen, was zu einem schlechteren Bild über die Kriminellen führt. «Ausserdem wird Cyberkriminalität in gewissen Ländern mehr akzeptiert. Sie müssen sich dort weniger wegen einer Strafverfolgung sorgen.»
Mehr Geld für Cyberabwehr gefordert
Auch angesichts der zunehmenden Bedrohung ist für den Mitgründer des Testinstituts für Cybersicherheit in Zug, Raphael Reischuk, klar: Damit die Zahl der Cyberangriffe stärker sinkt, braucht es mehr Geld. Seine Kritik: Sowohl das Bundesamt für Cybersicherheit als auch sein Institut seien unterfinanziert. «Die Schweiz gibt für die Cybersicherheit gemessen am Bruttoinlandprodukt fünf bis fünfzehn Mal weniger Geld aus als das Ausland», sagt Reischuk.
Die Schweiz gibt für die Cybersicherheit gemessen am Bruttoinlandprodukt fünf- bis fünfzehn-Mal weniger Geld aus als das Ausland.
Auch im Parlament sieht man Handlungsbedarf. Das Bundesamt für Cybersicherheit soll deutlich mehr Geld erhalten. Der Ständerat will dessen Budget in den nächsten zwei Jahren von 16 auf 31 Millionen Franken verdoppeln. Das soll auf Kosten des IT-Budgets der Armee geschehen. Dem Plan dürfte der Nationalrat in der Wintersession zustimmen.
Vom zusätzlichen Geld könnten auch private Initiativen wie das Testinstitut für Cybersicherheit profitieren, das vom Bund unterstützt wird. Die Untersuchung der Wechselrichter hier dauert an. Wie gut die Solaranlagen in der Schweiz vor Cyberangriffen geschützt sind, soll bis im Frühling klar sein.