Eigentlich wollte man diese Woche bei der UNO Fortschritte feiern – dreissig Jahre nach der historischen Frauenkonferenz von Peking.
Tatsächlich gibt es welche. Von einem konnte die Präsidentin von Namibia, Netumbo Nandi-Ndaitwah, berichten: «Wir haben jetzt eine Präsidentin, eine Vizepräsidentin, eine Parlamentspräsidentin, eine Generalsekretärin der Regierungspartei. Und mehr Ministerinnen als Minister.»
Doch sie muss einräumen: In den Chefetagen der Wirtschaft sehe es weniger erfreulich aus.
Gleichberechtigung ist ein Menschenrecht
Frauenrechte seien, sagte UNO-Generalsekretär António Guterres, nicht zweitrangig und nicht verhandelbar. Doch die UNO selbst stellt in einem Bericht fest, dass in einem Viertel der Länder die Rechte von Frauen bedroht sind. Guterres: «Hart erkämpfte Fortschritte werden offenkundig plötzlich wieder infrage gestellt. Eine Welle des Frauenhasses rollt über die Welt.»
Die Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte sind in manchen Ländern auf einmal in Gefahr.
Moderater im Ton, jedoch ähnlich besorgt, äusserte sich die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter: «Die Gleichberechtigung ist nicht bloss eine Option, sondern ein Menschenrecht und ein Katalysator für wirtschaftliche Entwicklung. Doch aufgrund der jüngsten Krisen steht sie unter Druck. Die Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte sind in manchen Ländern auf einmal in Gefahr.»
Ein Sexualstraftäter regiert die USA
Mal sind es Islamisten wie in Afghanistan, mal Erzkonservative oder Rechtspopulisten, die wenig von Gleichberechtigung halten oder sie gar bewusst aushöhlen. Ein augenfälliges Beispiel, das niemand nennt, aber an das wohl viele denken, sind die USA. Sie werden mit Donald Trump von einem verurteilten Sexualstraftäter regiert.
Für den negativen Einfluss der Vereinigten Staaten in der Frauenfrage ist die UNO selbst ein Beispiel: Bis vor Kurzem herrschte in der Weltorganisation ein recht breiter Konsens, dass auf Generalsekretär Guterres endlich und erstmals eine Frau folgen müsse.
Doch dies werde jetzt von den USA, die als Vetomacht eine Generalsekretärin verhindern können, infrage gestellt, sagte Richard Gowan von der Denkfabrik International Crisis Group.
Ein veritabler Angriff auf die Gleichberechtigung
Und Dulcie Leimbach, Gründerin des auf die UNO spezialisierten Informationsportals «Passblue», sieht «einen bewussten Angriff auf die Gleichberechtigung. Und gleichzeitig zu wenig Widerstand dagegen.»
Der Kampf um die Frauenrechte wurde geführt. Doch man hat wohl etwas zu früh gefeiert. Denn definitiv gewonnen ist er nicht. Vielmehr müsste er jetzt erneut beginnen. Das ist die Erkenntnis aus dem UNO-Frauengipfel.