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Drohender Treibstoffmangel Islamisten legen Mali lahm – ein Überblick

In Mali ist die Versorgungslage in vielen Städten desolat. Islamistische Milizen blockieren Treibstoff-Lieferungen aus Nachbarländern. Der fehlende Treibstoff führt auch dazu, dass Kühlketten unterbrochen sind – und Lebensmittel deshalb knapp werden.

Das ist passiert: Islamisten, die mit der Terrormiliz Al-Kaida verbündet sind, haben das westafrikanische Land Mali seit Wochen weitgehend von Benzin- und Diesellieferungen abgeschnitten. Schulen und Universitäten sind landesweit geschlossen.

USA ruft zur Ausreise auf: Wegen des immer dramatischeren Treibstoffmangels rufen die USA ihre Bürger zur dringenden Ausreise aus dem Land auf. Die US-Botschaft in der Hauptstadt Bamako spricht von einer unvorhersehbaren Sicherheitslage. «US-Bürger, die sich derzeit in Mali aufhalten, sollten das Land unverzüglich mit einem kommerziellen Flugzeug verlassen», hiess es. Bürger, die dortblieben, sollten damit rechnen, sich notfalls für einen längeren Zeitraum an Ort und Stelle sichern zu müssen. Auch Deutschland empfiehlt ihren Staatsangehörigen, Mali umgehend zu verlassen. Das Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA rät grundsätzlich von Aufenthalten in Mali ab.

Grosse Menschenmenge und Fahrzeuge an einer Tankstelle.
Legende: An den Tankstellen in Bamako bildeten sich lange Schlangen. Reuters/Idriss Sangare

Islamismus auf dem Vormarsch: Mali wird seit 2012 von islamistischen Terrorgruppen überrannt, die sich auch in die Nachbarstaaten ausgedehnt haben. Die mit Al-Kaida verbündete Gruppe JNIM nimmt seit einigen Monaten die wichtigen Strassen in die Küstenstaaten Senegal und Elfenbeinküste ins Visier und setzt Lastwagen mit Treibstoff in Brand. Der Transport von Menschen und Gütern ist stark eingeschränkt, die Kosten explodieren. Das Binnenland, in dem die Stromversorgung vielfach nur durch Dieselgeneratoren möglich ist, gerät durch die Blockade schwer unter Druck.

Militärregierung in Mali: Nach Staatsstreichen 2020 und 2021 wird das Land wie seine Nachbarn von einer Militärjunta regiert. Eine UNO-Friedensmission, an der unter anderem auch Deutschland beteiligt war, sowie eine französische Anti-Terror-Mission wurden des Landes verwiesen. Stattdessen setzte das Land auf russische Söldner.

Das wollen die Dschihadisten: Ulf Laessing, der Leiter des Sahel-Programms der Konrad-Adenauer-Stiftung, war noch bis Freitag in der malischen Hauptstadt Bamako – wurde nun aber abgezogen. Gegenüber SRF erklärt er die Ziele der Islamisten: «Generell wollen sie einen islamischen Staat einführen und nach der Scharia leben. Bislang waren ihre Aktivitäten sehr stark auf ländliche Regionen konzentriert, wo der Staat kaum präsent ist. Nun haben sie mit diesen Treibstoffblockaden erstmals die Hauptstadt ins Visier genommen, um die Regierung blosszustellen und der Wirtschaft zu schaden.» Dies sei eine neue Dimension.

«Die Stunde der Entscheidung für die Russen»

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Droht jetzt also die Eskalation? Laessing winkt ab: «Es kommt jetzt darauf an, ob die malische Armee zusammen mit den Russen diese Konvois von Tanklastern sichern können. Dann wird der Druck sicherlich nachlassen. Das ist jetzt auch die Stunde der Entscheidung für die Russen, die sich als die grossen Retter angeboten hatten. Wenn sie jetzt diese Strassen sichern und die Benzinversorgung sicherstellen, hat sicherlich Russland viel gewonnen. Wenn sie es nicht schaffen, dann ist wahrscheinlich auch Russlands Zeit bald vorbei. Denn dann kann ja jeder sehen, dass das das Engagement Moskaus wenig bringt.

Alltäglicher Überlebenskampf: Die Menschen in Mali schwanken zwischen Resignation und der Angst davor, was noch kommen könnte, sagt Laessing. Es gebe aber noch keine Proteste gegen die Regierung. Der Grund sei wohl die Angst vor einer islamistischen Nachfolgeregierung. Und: «Die Menschen verbringen den Grossteil ihres Tages mit dem Versuch, Benzin oder Diesel für die Generatoren zu bekommen. Aber es ist sonst noch relativ ruhig. Das überrascht mich fast selbst.»

Echo der Zeit, 02.11.2025, 18 Uhr ; 

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