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Druck auf May steigt Labour-Partei fordert zweites Referendum

  • Die britische Labour-Partei stellt sich hinter die Forderung nach einem zweiten Brexit-Referendum.
  • Darüber informierte die grösste Oppositionspartei in Grossbritannien am Abend auf ihrer Webseite.
  • Zuvor hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk fünf Wochen vor dem geplanten EU-Austritt eine zeitliche Verschiebung ins Spiel gebracht. Ein Aufschub des Brexits wäre seiner Ansicht nach eine «vernünftige Lösung».
  • Die britische Premierministerin Theresa May lehnt eine Verschiebung nach wie vor ab.

Eine zweite Volksabstimmung in Grossbritannien solle verhindern, «dass dem Land ein schädlicher Tory-Brexit aufgezwungen wird», erklärte Parteichef Jeremy Corbyn. Die Labour-Partei sei deshalb bereit, ein neues Referendum zu unterstützen, sagte Corbyn. Er wollte die Abgeordneten noch am Abend über diesen Schritt informieren.

Zunächst werde die Partei zwar im Parlament den Verbleib Grossbritanniens in der Zollunion mit der EU beantragen, kündigte der Oppositionsführer an. Sollte dies abgelehnt werden – was angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Unterhaus wahrscheinlich ist – werde Labour einen Antrag auf Abhaltung eines zweiten Referendums vorlegen.

Unterhaus trifft sich am Mittwoch

Das britische Unterhaus kommt am Mittwoch zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten und abzustimmen. Abgeordnete legen dann Änderungsvorschläge für das Brexit-Abkommen mit der EU vor, darunter solche, in denen ein zweites Referendum gefordert wird.

Donald Tusk begründete derweil seine Empfehlung eines zeitlichen Aufschubs mit einem Verweis auf «die Situation, in der wir uns gerade befinden». Damit spielte der Präsident des Europäischen Rates auf die festgefahrene politische Lage an. Zeitlich wollte er sich nicht festlegen.

Verschiebung rückt näher

Tusk sagte weiter, er habe mit Premierministerin May über das mögliche Verfahren einer Verschiebung gesprochen. Denn ohne Mehrheit im britischen Unterhaus für den Brexit-Deal gebe es nur die Wahl zwischen einer Verschiebung oder einem chaotischen Brexit. Je weniger Zeit bis zum 29. März bleibe, desto wahrscheinlicher werde eine Verlängerung der Austrittsfrist, sagte Tusk weiter.

Egal in welchem Szenario wir sein werden, die 27 werden maximales Verständnis und guten Willen zeigen.
Autor: Donald Tusk EU-Ratspräsident

Das sei kein Wunsch der EU, sondern eine Tatsache. Und Tusk fügte hinzu: «Ich kann Ihnen versichern, und das habe ich gestern auch beim Treffen mit Premierministerin May gemacht, dass egal in welchem Szenario wir sein werden, die 27 [übrigen EU-Staaten] maximales Verständnis und guten Willen zeigen werden.» Die britische Premierministerin glaube aber immer noch, sie könne ein solches Szenario vermeiden, fügte Tusk hinzu.

Das Treffen zwischen Tusk und May hatte am Rande einer internationalen Konferenz im ägyptischen Scharm el-Scheich stattgefunden.

May spürt immer mehr Gegenwind

Tatsächlich sagte May nach dem Gipfel, dass eine Verlängerung des Ausstiegsprozesses die Entscheidungsfindung im Unterhaus «nicht erleichtern» werde. Kritiker werfen ihr vor, das Unterhaus bewusst unter Zeitdruck zu setzen, damit es nur noch die Wahl zwischen «ihrem» Deal und einem ungeregelten Brexit hat.

Es liegt in Reichweite, am 29. März mit einem Vertrag auszutreten. Darauf sind all meine Energien fokussiert.
Autor: Theresa May Premierministerin Grossbritannien

Das Unterhaus hatte Mitte Januar den von May mit der EU ausgehandelte Austrittsvertrag abgelehnt. Deshalb müht sich die Premierministerin bei der EU um Nachbesserungen und versichert weiterhin, dies sei im vorgegebenen Zeitrahmen auch möglich: «Es liegt in Reichweite, am 29. März mit einem Vertrag auszutreten. Darauf sind all meine Energien fokussiert», sagte May.

May will das britische Parlament am Dienstag über den Stand der Dinge informieren.

Schweiz und Grossbritannien bestätigen Aufenthaltsrecht

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Nach einem Brexit behalten Schweizer Staatsangehörige in Grossbritannien und britische Staatsangehörige in der Schweiz ihre Rechte, die sie gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen in der EU erworben haben. Staatssekretär Mario Gattiker (SEM) und sein britischer Amtskollege Christopher Heaton-Harris haben dazu ein Abkommen unterzeichnet. Dieses gilt unabhängig davon, ob sich das Vereinigte Königreich mit der EU auf ein Austrittsabkommen einigt oder nicht.

Rund 80'000 Expats profitieren von dem Abkommen. Für Personen, die nach einem ungeordneten Brexit im jeweils anderen Land eine Arbeit aufnehmen möchten, streben die Schweiz und Grossbritannien ein befristetes Auffangabkommen an.

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