Im Süden Mexikos startet in diesen Tagen der Bau einer neuen Erdölraffinerie. Das Grossprojekt ist eines von mehreren umstrittenen Projekten des neuen mexikanischen Präsidenten Andres Manuel López Obrador. Er will damit die heimische Wirtschaft stützen. Ziel ist es, Mexiko weniger abhängig von Diesel- und Benzinimporten aus den USA zu machen.
Bei der Bevölkerung kommt das gut an. Doch Experten sehen das Ganze kritisch. Einer von ihnen ist der mexikanische Ökonom Dwight Dyer. Er schaut auf eine Quartierstrasse in Mexiko-Stadt. «Die Autos und Motorräder, die hier vorbeifahren, haben zu 70 Prozent Benzin aus den USA im Tank», sagte er.
Zwar verfügt das erdölfördernde Land Mexiko über sechs Raffinerien. Aber diese sind veraltet und in schlechtem Zustand. Sie produzieren nur noch gut ein Drittel dessen, was möglich wäre. Denn der Staat habe die Benzinpreise künstlich tief gehalten, so Dyer. Und so hätten sich Investitionen in die Raffinerien für den staatlichen Ölkonzern Pemex immer weniger gelohnt.
Privatwirtschaft hat kein Interesse
Der Plan für die neue Raffinerie in Tabasco, López Obradors Heimatstaat, ist ehrgeizig. Sie soll umgerechnet acht Milliarden Franken kosten und bereits in drei Jahren gebaut sein. Die international führenden Unternehmen, die zu einem Bieterwettbewerb eingeladen wurden, haben alle abgewinkt.
Zu ehrgeizig seien die Vorgaben. Deshalb hat der Präsident verfügt, dass nun Pemex das Projekt selbst realisieren soll. Doch dem staatlichen Ölkonzern fehlten dafür die nötige Erfahrung und die erforderlichen Mittel, findet Dyer, der die frühere mexikanische Regierung in Energiefragen beraten hat.
Kein Geld für bestehende Raffinerien
Die neue Raffinerie sei aus wirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll, findet er. Besser wäre es, mit dem Geld die bestehenden sechs Raffinerien zu modernisieren und umzurüsten, ist er überzeugt. Das würde viel weniger kosten. Zudem wende sich die Welt von der fossilen Energie ab.
Warum setzt López Obrador dennoch auf eine neue Raffinerie? «Er ist vor allem ein Nationalist», erklärt der Energieexperte. Der Präsident wolle in Sachen Energie von den USA unabhängig sein. Und er wolle er mit der Raffinerie in seinem Heimatstaat Tabasco Arbeitsplätze schaffen – selbst wenn das Projekt wirtschaftlich wenig Sinn ergebe.