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Entscheidende Europawahlen Zerreissprobe für die populistische Regierung in Rom

Die Europawahl könnte Matteo Salvini massiv Rückenwind geben. Ganz anders dagegen sieht es beim Regierungspartner aus.

Matteo Salvini lädt ein auf die Piazza del Duomo in Mailand und elf Vorsitzende und Spitzenkandidaten europäischer Rechtsparteien kommen. Darunter sind Marine Le Pen (RN), Jörg Meuthen (AfD) und Geert Wilders (PVV).

Der Chef der Lega will mit seiner Allianz rechter Parteien die EU radikal verändern. Zumindest in Italien stehen dafür die Zeichen gut. Zwischen 31 und 37 Prozent der Wähler würden nach den letzten veröffentlichten Umfragen dem 46-Jährigen die Stimme geben – fast doppelt so viele, wie bei den Parlamentswahlen im März 2018.

Salvini scheint ein glückliches Händchen zu haben. Politisch gelingt ihm so fast alles. Vor allem seine konsequente Blockadepolitik in Sachen Migration gefällt vielen im Land.

Cinque Stelle verliert massiv Wählerstimmen

Ganz anders Koalitionspartner Luigi di Maio, Vize-Präsident in der gemeinsamen Regierung und politischer Anführer des Movimento Cinque Stelle. Der 32-jährige Arbeits- und Wirtschaftsminister wirkt blass.

Sein Steckenpferd, der gross angekündigte Bürgerlohn für Italiener unterhalb der Armutsgrenze, verfehlt das Ziel. Nur die Hälfte der angesprochenen Italiener interessiert sich dafür. Im Unterschied zur Lega verlieren die Cinque Stelle in den Umfragen – bis zu einem Drittel ihrer Wählerstimmen.

Neuwahlen im Herbst möglich

Diese Umkehr in der Popularität stellt die Koalition in Rom vor eine enorme Belastungsprobe. Viele glauben, dass das Regierungsbündnis von Lega und Cinque Stelle die Europawahlen nicht überdauern wird. Denn sollte Matteo Salvini am 26. Mai klarer Wahlsieger werden, kann er die Welle der Popularität ausnutzen und noch im Herbst alles auf Neuwahlen setzen.

Gründe für eine Trennung gäbe es genug:

  • Da drängten die Cinque Stelle auf die Entlassung von Lega-Staatssekretär Armando Siri wegen Korruptionsvorwürfen, obwohl Matteo Salvini alles versucht hat, seinen engen Vertrauten in der Regierung zu halten.
  • Da kracht es im Ministerrat immer wieder, weil der Lega-Chef als Innenminister mit der Schliessung von Häfen für private Rettungsschiffe und Marine-Einheiten der EU-Kontrollmission «Sofia» immer wieder seine Kompetenzen überschreitet.
  • Da zählen die letzten Wahlsiege in verschiedenen italienischen Regionen durch das Rechtsbündnis von Lega mit Berlusconis gemässigter Forza Italia und den rechtsnationalen Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni – quasi als Testballon für eine neue rechte Regierungsmehrheit.

Gleichzeitig weiss Salvini aber auch: Von zu viel Popularität darf er sich nicht täuschen lassen! Schon jetzt gibt es viele vor allem junge Italiener, die am Rand von Wahlkampfveranstaltungen ihm die Meinung sagen. Und auch Protestplakate bei Salvinis Wahlkampfauftritten nehmen zu.

Matteo Renzi als warnendes Beispiel

Der Weg vom politischen Himmel in die Hölle kann in Italien schnell gehen. Da kann ein anderer Matteo, Matteo Renzi von der Demokratischen Partei, ein Lied singen. Erst erhielt er bei den Europawahlen vor fünf Jahren 40 Prozent der Wählerstimmen – aber nur Monate später dann solch eine Abfuhr beim Verfassungsreferendum, dass er als Regierungschef den Hut nehmen musste.

Von Matteo Salvini heisst es, sein politischer Instinkt habe ihn selten betrogen. Jetzt wird er ihn brauchen nach dem 26. Mai.

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