Die Tatsache, dass sich – den aktuellen geopolitischen Spannungen zum Trotz – alle anwesenden Staaten auf ein Schlussdokument, den sogenannten «Compromiso de Sevilla» geeinigt haben, wertet die Leiterin der Schweizer Delegation, die Chefin der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), Patrizia Danzi, als historischen Erfolg.
«Der Zeitpunkt ist historisch und dadurch auch das Bekenntnis zur Agenda 2030, zu den Menschenrechten, zur Rechtsstaatlichkeit und auch ein Bekenntnis zum Multilateralismus, auch wenn dieser nicht perfekt ist», so Renzi.
Dominik Gross, Experte für Steuer- und Finanzpolitik bei Alliance Sud, dem Kompetenzzentrum der Hilfswerke, der die Konferenz vor Ort in Sevilla verfolgt hat, stimmt grundsätzlich zu: «Man kann sicher grundsätzlich sagen, dass es ein Erfolg ist, dass alle verbleibenden UNO-Mitgliedstaaten, alle ausser die USA, sich zusammengerauft haben, dass man sich von diesem Ausscheren der USA nicht hat beeindrucken lassen. Allerding war Multilateralismus noch nie ein Selbstzweck.»
Geldlücke bleibt bestehen
Und inhaltlich ist die Staatengemeinschaft nur wenig weitergekommen auf dem Weg zum Ziel, dass auch die ärmsten Länder die grossen Probleme der Gegenwart mit eigenen Mitteln lösen können.
Diese Geldlücke ist bestimmt nicht kleiner geworden, auch an dieser Konferenz nicht.
Laut Rechnungen der UNO fehlen weltweit aktuell rund vier Billionen Dollar. Kleiner geworden ist diese Lücke in Sevilla nicht, räumt auch Deza-Chefin Danzi ein. «Es ist nicht eine Tendenz, die erst mit der zweiten Wahl von Donald Trump angefangen hatte. Es hatte schon bei Covid angefangen, die grossen Verschuldungen, dann die Rüstungsausgaben, die gestiegen sind, vor allem in Europa, wegen des Krieges in der Ukraine. Diese Geldlücke ist bestimmt nicht kleiner geworden, auch an dieser Konferenz nicht.»
Aber man habe Wege gesucht und gefunden, um mit den bestehenden Mitteln mehr zu erreichen, auch in Zusammenarbeit mit privaten Geldgebern. Tatsächlich hat die Konferenz so viele Vertreterinnen und Vertreter des Privatsektors angezogen wie noch nie.
«An positiven Beispielen orientieren»
Dominik Gross von Alliance Sud bleibt skeptisch. Die Staaten könnten sich so nicht aus der Verantwortung stehlen. Gerade die reiche Schweiz müsse mehr tun.
Man könnte sich aber auch an positiven Beispielen orientieren, die quasi dem Trend zu extremen Kürzungen teilweise entgegenhalten.
Zwar sei die Schweiz nicht das einzige Land, das in jüngster Zeit die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit gekürzt habe. Er meint dazu: «Man könnte sich aber auch an positiven Beispielen orientieren, die quasi dem Trend zu extremen Kürzungen, wenn man sich die USA anschaut, teilweise entgegenhalten. Spanien hat an dieser Konferenz bekannt gegeben, dass sie ihr Entwicklungsbudget auf das Niveau heben will, das die UNO eigentlich schon vor mehr als 50 Jahren beschlossen hat, das wäre 0.7 Prozent des Bruttoinlandproduktes.» In der Schweiz liege dieser Wert aktuell bei 0.4 Prozent.
Gleichzeitig locke die Schweiz mit tiefen Steuern für Wohlhabende und Unternehmen Gelder auch aus armen Ländern an, die dort den Steuerbehörden fehlten. Steuern sind aber doch der Bereich, in dem auch der Kritiker die Zuversicht der Delegationsleiterin teilt, dass der kooperative Geist, der in Sevilla geherrscht hat, in den kommenden Monaten und Jahren zu Verbesserungen, sprich zu einer etwas gerechteren Verteilung der Mittel führen könnte.