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Entwicklungszusammenarbeit Konferenz in Sevilla – bescheidener Erfolg, aber auch Lichtblicke

Im spanischen Sevilla haben alle UNO-Mitgliedstaaten ausser den USA versucht, der Entwicklungsfinanzierung neuen Schub zu geben.

Die Tatsache, dass sich – den aktuellen geopolitischen Spannungen zum Trotz – alle anwesenden Staaten auf ein Schlussdokument, den sogenannten «Compromiso de Sevilla» geeinigt haben, wertet die Leiterin der Schweizer Delegation, die Chefin der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), Patrizia Danzi, als historischen Erfolg.

«Der Zeitpunkt ist historisch und dadurch auch das Bekenntnis zur Agenda 2030, zu den Menschenrechten, zur Rechtsstaatlichkeit und auch ein Bekenntnis zum Multilateralismus, auch wenn dieser nicht perfekt ist», so Renzi.

Sanchez auf Leinwand während Konferenz.
Legende: Tausende Teilnehmende aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Finanzinstitutionen hatten darüber beraten, wie die 2015 von der UNO beschlossenen Nachhaltigkeitsziele bis 2030 trotz aller Schwierigkeiten doch noch erreicht werden könnten. IMAGO/Europa Press/Rocio Ruz

Dominik Gross, Experte für Steuer- und Finanzpolitik bei Alliance Sud, dem Kompetenzzentrum der Hilfswerke, der die Konferenz vor Ort in Sevilla verfolgt hat, stimmt grundsätzlich zu: «Man kann sicher grundsätzlich sagen, dass es ein Erfolg ist, dass alle verbleibenden UNO-Mitgliedstaaten, alle ausser die USA, sich zusammengerauft haben, dass man sich von diesem Ausscheren der USA nicht hat beeindrucken lassen. Allerding war Multilateralismus noch nie ein Selbstzweck.»

Geldlücke bleibt bestehen

Und inhaltlich ist die Staatengemeinschaft nur wenig weitergekommen auf dem Weg zum Ziel, dass auch die ärmsten Länder die grossen Probleme der Gegenwart mit eigenen Mitteln lösen können.

Diese Geldlücke ist bestimmt nicht kleiner geworden, auch an dieser Konferenz nicht.
Autor: Patrizia Danzi Deza-Chefin

Laut Rechnungen der UNO fehlen weltweit aktuell rund vier Billionen Dollar. Kleiner geworden ist diese Lücke in Sevilla nicht, räumt auch Deza-Chefin Danzi ein. «Es ist nicht eine Tendenz, die erst mit der zweiten Wahl von Donald Trump angefangen hatte. Es hatte schon bei Covid angefangen, die grossen Verschuldungen, dann die Rüstungsausgaben, die gestiegen sind, vor allem in Europa, wegen des Krieges in der Ukraine. Diese Geldlücke ist bestimmt nicht kleiner geworden, auch an dieser Konferenz nicht.»

Aber man habe Wege gesucht und gefunden, um mit den bestehenden Mitteln mehr zu erreichen, auch in Zusammenarbeit mit privaten Geldgebern. Tatsächlich hat die Konferenz so viele Vertreterinnen und Vertreter des Privatsektors angezogen wie noch nie.

Bankvertreter: Konferenz war ein Schlüsselmoment

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Tom Hall, Chef Philanthropie und Social Impact bei der UBS, war an der Konferenz dabei. Diese sei ein Schlüsselmoment gewesen, sagt der Bankvertreter. In Sevilla habe die UBS erfolgreich hundert Millionen Dollar in einem sogenannt ergebnisorientierten Fonds gesammelt. Die Idee: Staatliche Stellen garantieren privaten Geldgebern eine Prämie für Investitionen, wenn gewisse soziale Ziele erreicht werden.

Die Hoffnungen, dass private Geldgeber sich an der Entwicklungsfinanzierung in wachsendem Masse beteiligen, sind in den letzten Jahren allerdings enttäuscht worden. Tom Hall gibt sich zuversichtlich, dass diese neuartigen ergebnisorientierten Fonds dies ändern können. Weil hier Staaten die Prämien für die Investitionen zahlen und weil externe Prüfer die soziale Wirkung bestätigen müssen, sei das Vertrauen in dieses Instrument viel grösser, so Hall.

«An positiven Beispielen orientieren»

Dominik Gross von Alliance Sud bleibt skeptisch. Die Staaten könnten sich so nicht aus der Verantwortung stehlen. Gerade die reiche Schweiz müsse mehr tun.

Man könnte sich aber auch an positiven Beispielen orientieren, die quasi dem Trend zu extremen Kürzungen teilweise entgegenhalten.
Autor: Dominik Gross Alliance Sud

Zwar sei die Schweiz nicht das einzige Land, das in jüngster Zeit die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit gekürzt habe. Er meint dazu: «Man könnte sich aber auch an positiven Beispielen orientieren, die quasi dem Trend zu extremen Kürzungen, wenn man sich die USA anschaut, teilweise entgegenhalten. Spanien hat an dieser Konferenz bekannt gegeben, dass sie ihr Entwicklungsbudget auf das Niveau heben will, das die UNO eigentlich schon vor mehr als 50 Jahren beschlossen hat, das wäre 0.7 Prozent des Bruttoinlandproduktes.» In der Schweiz liege dieser Wert aktuell bei 0.4 Prozent.

Gleichzeitig locke die Schweiz mit tiefen Steuern für Wohlhabende und Unternehmen Gelder auch aus armen Ländern an, die dort den Steuerbehörden fehlten. Steuern sind aber doch der Bereich, in dem auch der Kritiker die Zuversicht der Delegationsleiterin teilt, dass der kooperative Geist, der in Sevilla geherrscht hat, in den kommenden Monaten und Jahren zu Verbesserungen, sprich zu einer etwas gerechteren Verteilung der Mittel führen könnte.

Echo der Zeit, 4.7.2025, 18 Uhr

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