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Entwurf zum Brexit steht «Es braut sich eine Koalition gegen May zusammen»

Die Unterhändler Grossbritanniens und der Europäischen Union haben sich zu einem Entwurf durchgerungen, wie der Brexit vonstatten gehen soll. Noch ist der Inhalt nicht öffentlich, doch von einem Sonderstatus für Nordirland soll unter anderem die Rede sein. Es erscheine unwahrscheinlich, dass das Unterhaus einlenke, sagt Grossbritannien-Korrespondent Martin Alioth.

Martin Alioth

Ehemaliger Grossbritannien- und Irland-Korrespondent, SRF

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Der ehemalige Grossbritannien- und Irland-Korrespondent von Radio SRF lebt seit 1984 in Irland. Er hat in Basel und Salzburg Geschichte und Wirtschaft studiert.

SRF News: Die Einigung ist noch nicht öffentlich. Was weiss man bereits über den Inhalt?

Martin Alioth: Nicht sehr viel. Aber immerhin soll es sich um eine vorübergehende Zollunion nach Ende der 2020 endenden Übergangsperiode handeln, die das gesamte Vereinigte Königreich einschliesslich Nordirland umfasst. Wobei für Nordirland mehr Integration mit der EU vorgesehen ist. Es ist nun also doch eine Sonderbehandlung Nordirlands geplant, aber integriert in einen für das gesamte Königreich geltenden Gesamttext.

Die 500-seitige Einigung muss vom Unterhaus genehmigt werden. Wie realistisch ist das?

Nicht sehr. Die britischen Zeitungen sprechen heute Morgen vom «Jüngsten Gericht» oder vom «Tag der Wahrheit». Es wird als wirklich entscheidende Wegmarke behandelt. Die nordirische Democratic Unionist Party, die bekanntlich als Mehrheitsbeschafferin für Premierministerin Theresa May fungiert, hat bereits ihre Ablehnung signalisiert, obwohl auch sie den Inhalt dieses Papiers noch nicht kennt. Die Brexiteers, also die radikalen Befürworter eines Austritts, haben ebenfalls abgewunken. Da braut sich also eine Koalition gegen May zusammen, die es als unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass das Parlament ihr folgt.

Was bedeutet das für Theresa May?

Es heisst, dass sie im Moment hoch pokert. Was letztlich passiert, wenn das Unterhaus ihre Verhandlungsergebnisse ablehnt ist, ist offen. Aber ihre Karriere und die wirtschaftliche wie auch gesellschaftliche Zukunft des Vereinigten Königreichs stehen dieser Tage auf dem Spiel.

Die Grenze zu Irland war immer ein Stolperstein. Wie hat die irische Regierung auf die neuesten Entwicklungen reagiert?

Äusserlich gelassen, aber doch nervös. Gestern Abend haben sich die Spitzen der Regierung mit Premierminister Leo Varadkar und Aussenminister Simon Coveney und die Europa-Ministern Helen McEntee noch getroffen, um die heutige Reaktion zu beraten. Heute gibt es eine Sondersitzung des irischen Kabinetts, wobei man nicht weiss, ob diesem das Papier nun wirklich schon vorliegt. Möglicherweise trifft sich auch das Parlament noch. Da wird man ganz genau beobachten, ob die irischen Anliegen von der EU-Kommission bis zum Schluss gedeckt wurden.

Was würde eine Niederlage der vorliegenden Einigung im Unterhaus für Grossbritannien und den Brexit bedeuten?

Das ist die grosse Frage. Die Regierung May hofft, mit dieser abrupten und ultimativen Vorgehensweise, mit der man bis zum letzten Moment gewartet hat, die Abgeordneten unter Druck zu setzen: Damit sie aus Angst vor einem vertragslosen Zustand und den entsprechenden wirtschaftlichen Konsequenzen doch die Regierung decken würden.

Andere Stimmen, die nach meiner Meinung mehr Gewicht haben, glauben, dass dieser Plan scheitern muss: Damit das Unterhaus seine Entscheidungsvollmacht entfalten kann und die Regierung entweder zu einer Neuwahl oder zu einem zweiten Referendum und damit zu einem Verbleib in der Europäischen Union zwingen kann.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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