Das Wichtigste in Kürze
- Das einstige Wirtschaftswunderland Brasilien steckt tief in der Rezession – bereits das zweite Jahr in Folge.
- Trotzdem gibt sich die Regierung optimistisch, dass es bald wieder aufwärts geht. Ob zu Recht, erklärt Südamerika-Korrespondent Ulrich Achermann.
Die zwei Rezessionsjahre haben Brasilien viel Substanz gekostet. Die Industrie ist auf das Niveau von 2009 zurückgefallen, das Pro-Kopf-Einkommen ist um knapp zehn Prozent gesunken. Rund drei Millionen Menschen, die eben noch zu den Aufsteigern gehört haben, sind in die Armut zurückgefallen. Die Arbeitslosigkeit erreicht Rekordwerte.
Altersvorsorge belastet den Staat
2015 ist die Wirtschaftsleistung Brasiliens um 3,8 Prozent geschrumpft, letztes Jahr nochmals um 3,6 Prozent. Das zeigen die neusten Zahlen des statistischen Amtes.
Aber der Finanzminister zeigt sich optimistisch. Seit Anfang Jahr erhole sich der Konsum, Firmen und Familien bauten ihre Schulden ab, die Zinsen und die Teuerung seien im Sinkflug.
Wie nahe an der Realität solche Äusserungen sind, ist fraglich. Selbst wenn es dieses Jahr wieder Wachstum gibt, schaut im besten Fall ein halbes Prozent heraus.
Die Regierung von Staatspräsident Michel Temer rühmt sich, sie habe die Hausaufgaben gemacht. Dazu gehört ein rigider Sparkurs bei den öffentlichen Ausgaben. Diese dürfen zwei Jahrzehnte lang nur noch der Teuerung angepasst werden. Ausserdem ist eine Reform der Altersvorsorge im Gang, die den Staatshaushalt bis jetzt schwer belastet.
Lastwagen versinken im Dreck
Es waren die Linksregierungen von Lula da Silva und Dilma Rousseff, welche die Staatsausgaben in den wirtschaftlichen Blütejahren über die Gebühr erhöht und dann vom Zusammenbruch der Rohstoffpreise überrascht wurden. Ihre Ausgabenpolitik war stärker sozial inspiriert als von Nachhaltigkeit geprägt.
Die Infrastruktur ist in den zwölf Jahren des Duos Lula Silva und Dilma Rousseff weitgehend verlottert und wird den heutigen Erfordernissen nicht gerecht. Auf nicht asphaltierten Bundesstrassen versinken Lastwagen, welche die Soja-Ernte zu den Häfen bringen sollten, bis zum Dach im Dreck. Schaffen sie es dennoch bis zum Ziel, so vergehen Wochen von Wartezeit, bis ihre Ladungen verschifft werden können.