Zum Inhalt springen

Ernährungsstudie aus Indien Ausgewogene Ernährung muss man sich leisten können

Jede fünfte indische Frau im gebärfähigen Alter leidet an Blutarmut, sagt eine Studie. Das hat auch verheerende Auswirkungen auf deren Kinder.

Auf dem indischen Subkontinent wächst praktisch alles, was sich anbauen lässt. Das widerspiegelt sich im Prinzip auch in der indischen Küche. Sie enthält viel Gemüse, Linsen, Reis, Früchte – alles, was eine ausgewogene Ernährung an sich bräuchte.

Studie zur Ernährung in Indien

Und dennoch: Etwa 57 Prozent der Frauen in Indien leiden an Blutarmut. Das sei ein Zeichen von Unterernährung, sagt Ernährungswissenschaftler Schoba Suri aus Delhi. Betroffen sei jede fünfte Inderin im gebärfähigen Alter. Es ist ein grosses Problem, denn deren Kinder kommen oft ebenfalls unterernährt zur Welt – ein Teufelskreis.

Ein kleines Baby, das Hunger hat
Legende: Unterernährte Frauen gebären oft unterernährte Kinder. Reuters

Unterernährte Frauen und Kinder sind laut der Studie des Indischen Institutes für Bevölkerungswissenschaften viel häufiger auf dem Land anzutreffen – ausgerechnet dort, wo das die Lebensmittel angepflanzt werden.

Bauern müssen oft alles verkaufen

Nahrung gebe es zwar genug, sagt Suri. Doch sind Bauernfamilien oft gezwungen, ihre Ernten vollständig zu verkaufen, um sich mit dem Geld günstigere Lebensmittel wie Zwiebeln, Mehl oder Kartoffeln leisten zu können. Ausgewogen ist diese Ernährung nicht. Das gesündere, aber teure Gemüse und das Getreide wird mehrheitlich in den Städten verkauft, wo das enorme Angebot aber auf relativ wenig Nachfrage stösst.

Indische Frauen ernten Getreide
Legende: Nahrung gebe es in Indien genug, sagt Ernährungswissenschaftlerin Schoba Suri. Reuters

Die Menschen in den Städten würden mehr verpackte und bereits verarbeitete Lebensmittel kaufen, die sie einfach aufwärmen könnten, sagt Mediziner Amir Maroof Khan. Viele seiner Patienten kommen wegen Übergewicht zu ihm. Es fehle ihnen schlicht an der Zeit, um sich ausgewogen zu ernähren. Denn wer bis zu vier Stunden pro Tag zur Arbeit pendle, der kaufe keine Rohware. Zudem seien Frischmärkte mit einem sozialen Stigma besetzt.

Fertignahrung als Zeichen von Wohlstand

Wer es sich leisten könne, der kaufe lieber Fertigprodukte in den Supermärkten, um sich von der ärmeren Bevölkerungsschicht abzuheben. Für Mediziner Maroof Khan ist die Fettleibigkeit in den indischen Städten ein klares Symptom des wachsenden Wohlstands. So widerspiegelt die Ernährungsstudie das immer grösser werdende Einkommensgefälle zwischen Stadt und Land in der indischen Bevölkerung.

SRF 4 News, 09.12.2021, 06:37 Uhr

Meistgelesene Artikel