SRF News: Werden die jüngsten Äusserungen des US-Präsidenten bezüglich der Krimhalbinsel in Russland wahrgenommen?
David Nauer: Das wird sehr wohl registriert. Die Rückgabe der Krim kommt für Russland allerdings nicht in Frage. Insgesamt spürt man hier in Moskau eine gewisse Enttäuschung, dass sich die Trump-Regierung in Sachen Krim nun so deutlich positioniert. Ein hoher russischer Verteidigungspolitiker hat die Vermutung geäussert, Trump fordere die Rückgabe der Krim nur, um sich selber aus dem Kreuzfeuer zu nehmen. Er werde ja in Washington beschuldigt, er sei zu russlandfreundlich.
In Russland kann der Präsident ungehindert die Aussenpolitik betreiben, die er für richtig hält.
Der ehemalige aussenpolitische Berater Trumps, Michael Flynn, hat nicht die Wahrheit über ein Telefonat mit dem russischen Botschafter gesagt und musste zurücktreten. Wie wird diese Geschichte wahrgenommen?
Offiziell hat sich der Kreml nicht geäussert. Der Sprecher von Präsident Putin sagt demonstrativ, das sei eine inneramerikanische Angelegenheit. Doch es gab zahlreiche Reaktionen von Kreml-nahen Politikern aus dem Parlament. Da herrscht weitgehend Konsens. Man sieht den Rücktritt von Flynn als schweren Schlag für die russisch-amerikanischen Beziehungen.
Konstantin Kosatchow, der Vorsitzende der aussenpolitischen Kommission des Parlaments, sagte, Flynn sei wenigstens zum Dialog mit Russland bereit gewesen. Es gebe in Washington Hardliner, die nicht einmal mit Moskau sprechen wollten. Kosatchow sprach sogar von einer Russophobie, die in Washington grassiere und von der nun möglicherweise sogar die Regierung Trump angsteckt worden sei.
Man sieht in Russland den Rücktritt von Trumps aussenpolitischem Berater Michael Flynn als schweren Schlag für die russisch-amerikanischen Beziehungen.
Vor Trumps Amtsantritt gab es die Hoffnung, dass er eine russlandfreundlichere Politik betreiben könnte. Gab es da eine Ernüchterung in den ersten Wochen von Trumps Amtszeit?
Die Ernüchterung ist beträchtlich. Die Hoffnungen waren riesig. Als das Wahlergebnis aus den USA bekannt wurde, haben die Parlamentarier in der Duma applaudiert, und Putin hat als einer der ersten Staatschefs ein Glückwunschtelegramm an Trump geschickt. Doch man hat in Moskau das amerikanische politische System falsch eingeschätzt. In Russland kann der Präsident ungehindert die Aussenpolitik betreiben, die er für richtig hält.
In den USA gibt es neben dem Präsidenten noch andere starke Kräfte, das Parlament oder etwa die unabhängigen Medien. Entsprechend konsterniert ist man nun in Russland. Einer der Erklärungsversuche ist, dass Trump Opfer des amerikanischen Establishments sei, dass er zwar die Beziehungen zu Russland verbessern wolle, aber von mächtigen Leuten in Washington daran gehindert werde. Das seien Leute, die Russland als Feindbild bräuchten. Sie wollten Trump mit allen Mitteln daran hindern, das Verhältnis zu Moskau zu verbessern.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.