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Erstes Treffen auf Bali Biden will Temperatur im Konflikt mit Xi runterfahren

Das erste persönliche Treffen zwischen dem amerikanischen Präsidenten Biden und seinem chinesischen Amtskollegen Xi soll der Verschlechterung der West-Ost-Beziehungen entgegenwirken. Doch beide haben Gründe, den starken Mann zu spielen.

Die Kulisse wird tropisch sein, das Gesprächsklima eher frostig: Auf der indonesischen Insel Bali kommen der amerikanische Staatschef Joe Biden und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping zum ersten präsidialen Tête-à-Tête zusammen. Am Dienstag und Mittwoch treffen sie sich dann mit dem Spitzenpersonal weiterer Grossmächte, um am G20-Gipfel die Weltlage zu erörtern.

Dass sich Biden und Xi zum Einzelgespräch verabredet haben, ist ein diplomatischer Lichtblick. Denn das Verhältnis zwischen den beiden Staaten ist so schlecht wie seit mehr als fünfzig Jahren nicht mehr – und es droht sich weiter zu verschlechtern.

Bei der amerikanisch-chinesischen Rivalität geht es um wirtschaftlichen und militärischen Einfluss, aber auch um den Kampf zwischen demokratischem und autoritärem Gesellschaftsmodell.

Taiwan, Ukraine und die Wirtschaftslage

Biden hat angekündigt, mit Xi über Taiwan sprechen zu wollen. Chinas erklärtes Ziel ist es, Taiwan irgendwann ins eigene Staatsgebiet zu überführen – notfalls mit Gewalt. Biden wiederum betont, die USA würden Taiwan im Angriffsfall beistehen. Es droht ein Krieg in Ostasien.

Auf der Tagesordnung steht auch der Ukraine-Krieg. Xi ist für den russischen Präsidenten Wladimir Putin der wichtigste Verbündete, auch wenn er ihm manche Unterstützung verwehrt hat.

Schliesslich geht es beim Treffen um die Wirtschaftsbeziehungen. Die USA und China sind wirtschaftlich eng verbunden, versuchen aber, sich aus Gründen der nationalen Sicherheit unabhängiger vom anderen zu machen. Die USA verwehren China den Zugang zu eigener Hochtechnologie, während amerikanische Firmen in China gegenüber chinesischen benachteiligt sind.

Zu all dem ist am Gipfel freilich mit keinen handfesten Ergebnissen zu rechnen; eine gemeinsame Erklärung ist gar nicht erst geplant.

Gespräch über «rote Linien»

Biden hat angekündigt, es gehe ihm vor allem darum, mit Xi über «rote Linien» zu reden. Positionen sollen geklärt, Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden. Kurzum, die schlechten amerikanisch-chinesischen Beziehungen sollen nicht noch schlechter werden.

Doch allein das Erreichen dieses Ziel gestaltet sich schwierig. Xi hat sich im Oktober zum Alleinherrscher mit unbeschränkter Amtszeit küren lassen. Er ist mächtig wie nie zuvor. Doch weil wirtschaftlich in China vieles im Argen liegt, kann sich Xi vor allem mit aussenpolitischem Säbelrasseln in Szene setzen.

Biden wiederum hat im eigenen Land eine starke parteiübergreifende Anti-China-Allianz. Viele Mitglieder der Republikanischen Partei kritisieren ihn als zu schwach gegenüber China. Auch er hat Gründe, den starken Mann zu spielen.

Weitere globale Probleme

Am G20-Treffen Mitte Woche soll es dann um die ganz grossen globalen Probleme gehen: von der Ernährung über Inflation und Energie bis zum Klima. Auch bei diesen Fragen hat die amerikanisch-chinesische Rivalität die Lösungsaussichten verschlechtert. So hat zum Beispiel China angesichts des Taiwan-Streits angekündigt, Klimagespräche mit den USA auszusetzen.

Am Verhältnis zwischen Biden und Xi hängen also Probleme der ganzen Welt. Manch einer dürfte sich schon freuen, wenn die beiden sich vor Balis tropischer Kulissen zu einem warmen Händedruck durchringen.

Echo der Zeit, 13.11.2022, 18:00 Uhr

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