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EU-Waldschutzvorhaben sistiert IT-Probleme bremsen Entwaldungsverordnung – wie ist das möglich?

Brüllt hier bereits das befürchtete «Bürokratiemonster»? Die neue Verschiebung löst auch in der Schweiz Erstaunen aus.

Die EU-Verordnung, die auch Schweizer Schokoladenhersteller und Kaffeeproduzenten betrifft, sollte eigentlich ab Ende 2024 gelten. Sie verpflichtet zunächst grosse Unternehmen, den entwaldungsfreien Ursprung bestimmter Produkte wie Kaffee, Kakao, Soja oder Rindfleisch nachzuweisen.

Die Regeln wurden bereits einmal um ein Jahr verschoben. Nun will das die EU-Kommission erneut tun, angeblich wegen Zweifel, ob die Informatik die enormen Datenmengen überhaupt bewältigen kann. Dies geht aus einem Brief von Umweltkommissarin Jessika Roswall an den Umweltausschuss des Europaparlaments hervor.

Erstaunen und Zweifel in der Schweiz

Die Begründung der EU-Kommission erscheine plausibel, stellt SRF-Wirtschaftsredaktor Damian Rast nach Kontakten mit verschiedenen betroffenen Schweizer Unternehmen fest. Diese bestätigten nach wie vor Probleme, die Firma ans EU-System anzuschliessen, wo dereinst Millionen Daten eingespeist werden sollen.

Trotzdem wundern sich die Firmen, laut Rast, dass man nun am gleichen Punkt steht wie vor einem Jahr. Viele fragten sich, ob das neue Gesetz überhaupt noch komme, für das auch hierzulande viel Aufwand betrieben wurde.

Die EU-Entwaldungsverordnung und die Schweiz

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Laut der EU-Entwaldungsverordnung dürfen bestimmte Produkte nur noch in der Europäischen Union verkauft werden, wenn dafür nach 2020 keine Wälder gerodet wurden. Damit soll die Entwaldung innerhalb der EU und darüber hinaus wirksam bekämpft werden.

Die Schweiz hat diese EU-Richtlinie zwar nicht übernommen, hiesige Unternehmen sind aber trotzdem betroffen. Denn auch Unternehmen aus Drittstaaten, die ihre Waren auf dem EU-Markt anbieten, müssen die Regeln beachten.

Das trifft viele Unternehmen in der Schweiz mit der EU als wichtigstem Exportmarkt. Im Fokus sind Schokoladen- und Kaffeehersteller. Aber auch die Hersteller von Papier, Verpackungen oder Möbeln und Teile der Landwirtschaft sind betroffen.

Ob das Informatikproblem der einzige Grund für die erneute Verschiebung ist, ist fraglich. Denn es gab auch massiven Druck von Teilen der Wirtschaft und der Politik in der EU. Die «grüne Agenda» steht aktuell im Gegenwind, und die Wirtschaft läuft vielerorts mehr schlecht als recht. Da ist der Ruf nach Bürokratieabbau in aller Munde.

«Bürokratiemonster»?

Aber auch viele Handelspartner der EU stehen dem Entwaldungsgesetz kritisch gegenüber. Dazu gehören China und Brasilien, aber auch die USA. In Deutschland ist von einem «Bürokratiemonster» die Rede.

Kakaofrucht
Legende: Nicht nur die Unternehmen müssen neue Prozesse einführen, sondern auch die Produzenten am Anfang der Lieferkette. Die Bauern in den Schwellenländern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens sollen genau erfassen, wo sie die Produkte geerntet haben. Auch in Gegenden, wo es möglicherweis kaum Internet oder Strom gibt. Keystone/EPA/LEGNAN KOULA

Viele Beobachter rechnen damit, dass das neue Gesetz kurzfristig zu Problemen führen könnte. Vor allem in armen Ländern, wo viele Kleinbauern noch gar nicht bereit sind. NGOs wiederum gehen davon aus, dass sich die neuen Prozesse mit der Zeit einspielen werden.

«Ein Scheitern wäre allem voran sehr schlecht für den Wald», fasst SRF-Wirtschaftsredaktor Damian Rast zusammen. Auch wenn das System der EU als etwas bürokratisch gelte, könne es bei richtiger Anwendung dem Wald sehr viel bringen, und damit auch dem Klima, der Biodiversität und den indigenen Völkern. Das sei das erklärte Ziel gewesen.

Rendez-vous, 24.09.2025, 12:30 Uhr ; 

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