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Kakao und Entwaldung Schokolade ohne bitteren Nachgeschmack wegen Rodungen

Die EU will keine Produkte mehr aus Rodungsgebieten. Die Nachweise zu erbringen, ist komplex – auch für Schweizer Firmen.

Worum gehts: Hauptbestandteil von Schokolade ist Kakao. Für dessen Anbau wird in den Produktionsländern allerdings oft Wald gerodet. Die Europäische Union will das unterbinden, um so mehr für den Klimaschutz zu machen. Per Anfang 2026 will sie eine Entwaldungsverordnung in Kraft setzen. Und das betrifft auch Schweizer Unternehmen.

Das Kernstück: Unternehmen müssen also nachweisen können, dass ihre Rohstoffe nicht auf entwaldeten Flächen angebaut wurden. Konkret dürfen die Anbaugebiete nicht nach dem 31. Dezember 2020 gerodet worden sein. Diese Regeln gelten für sämtliche verwendete Produkte und für die gesamte Lieferkette, also vom Anbau über den Transport, über die verschiedenen Verarbeitungsschritte bis ins Ladenregal. Bei Schokolade betrifft das vor allem den Kakao, den Zucker, das Milchpulver oder die Nüsse und die Früchte.

EUDR – ein langwieriger Prozess

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Eigentlich wollte die EU ihre Entwaldungsverordnung schon in diesem Jahr in Kraft setzen. Allerdings waren noch zu viele Detailfragen ungeklärt, weshalb die Einführung um ein Jahr verschoben wurde. In den vergangenen Monaten hat die EU immer wieder angepasste Versionen der Verordnung mit mehr Details publiziert. Unternehmen, die sich ihre Lieferketten EU-konform «entwaldungsfrei» zertifizieren lassen wollen, wie Maestrani, mussten entsprechend ihre Verfahren immer wieder nachjustieren. Viele hoffen nun, dass sich die Abläufe in nächster Zeit so einspielen, dass die benötigten Nachweise und Zertifikate praktisch automatisch mit den Rohstoffen und den fertigen Produkten an die Kundschaft weitergereicht werden.

Die Tücken: Diese Nachweise zu erbringen, ist allerdings nicht einfach. Zum Beispiel Kakao wächst vor allem in Ländern wie Ecuador in Lateinamerika oder Ghana oder der Elfenbeinküste in Afrika. Sehr oft befinden sich die Kakaoplantagen in entlegenen Regionen, exakte Karten gibt es da selten. Ein Schokoladenhersteller muss aber trotzdem sicherstellen können, dass der Kakao – sein wichtigster Rohstoff – in nicht kürzlich entwaldeten Gebieten gewachsen ist.

Schokolade auf einem Förderband
Legende: Der Kakao für die Schokolade von Maestrani muss von entwaldungsfreien Plantagen stammen. zvg

Die Nachweise: Auch in der Schweiz ist die Entwaldungsverordnung der EU bei Unternehmen ein grosses Thema. So zum Beispiel auch beim Schweizer Schokoladenhersteller Maestrani. Seit über einem Jahr versucht CEO Christoph Birchler mit einem Team aus Fachleuten einen Weg zu finden, um diesen Herkunftsnachweis liefern zu können. Das Familienunternehmen produziert in seiner Fabrik in Flawil Branchli, Pralinées oder Schokoladentafeln. Maestrani bezieht allerdings keine Kakaobohnen, sondern eine vorproduzierte Kakaomasse sowie Kakaobutter. «Da sind wir darauf angewiesen, dass alle Beteiligten unserer Lieferkette mitmachen», erklärt Christoph Birchler.

Es ist ein enormer Aufwand, diese Nachweise zu erbringen
Autor: Christoph Birchler CEO Maestrani Schweizer Schokoladen AG

Das heisst: In den Produktionsländern muss genau bestimmt werden, welche Kakaobohnen von welchen Flächen stammen. Die Daten müssen entlang der gesamten Lieferkette weitergereicht und dann bei Maestrani verarbeitet werden. Und bei Bedarf muss das Unternehmen den Nachweis für die gesamte Lieferkette liefern können. «Es war und ist ein enormer Aufwand, diese Nachweise zu erbringen», sagt der Schokoladenproduzent.

Mann vor Schriftzug
Legende: Christoph Birchler muss sich bei Maestrani ebenfalls an die Entwaldungsverordnung der EU halten zvg

Die Detailfragen: Je nach Produktionsland ist es schwieriger, die benötigten Angaben zu erhalten. Will eine Regierung den Export in die EU weiter aufrechterhalten, dürfte sie sich auch verstärkt dafür einsetzen, dass die Anbauflächen korrekt kartiert werden. Maestrani bezieht Fairtrade Kakao, oft auch in Bio-Qualität. Diese Zertifikate würden helfen, die Herkunft zu bestimmen. Darauf verlassen könne man sich aber nur bedingt.

Die Schweiz ebenfalls: Maestrani produziert sämtliche Schokolade in der Schweiz. Warum also investiert das Familienunternehmen viel Zeit und Geld in diese EU-Regeln? Der Grund sind seine Kundinnen und Kunden, erklärt Christoph Birchler. «Wir exportieren 45 Prozent unserer Schokolade ins Ausland. Grösster Absatzmarkt ist die EU. Wir können es uns nicht leisten, da nicht regelkonform zu sein.» Denn: Kein Grossverteiler oder Detaillist in der EU kann es sich künftig erlauben, Produkte im Sortiment zu führen, die diese Regeln nicht erfüllen.

Aktion, nicht nur Administration

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Christoph Birchler von Maestrani findet diese EU- Verordnung im Grundsatz gut. Doch: Staaten und Unternehmen dürften sich nicht hinter mehr Administration verstecken. Die sozialen und ökologischen Probleme in den Ursprungsländern des Kakao löse man nicht mit Regeln: «Ich wünschte mir etwas mehr Handlung und etwas weniger Administration.» So sei der derzeit hohe Kakaopreis eine gute Chance, den Bauernfamilien mehr bezahlen zu können. Das sichert ihre Existenz – und ermöglicht in der Folge, dass auch ökologische Fragen auf mehr Gehör stossen.

Mann mit Machete neben Kakaofrüchten
Legende: Die Europäische Union will ab 2026 nur noch Kakao zulassen, der aus entwaldungsfreien Plantagen stammt. Legnan Koula, Keystone

Echo der Zeit, 20.7.2025, 18 Uhr;liea

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