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Europawahlen Weniger grün, mehr Sicherheit: Von der Leyens Schwenk nach rechts

Von der Leyens wichtigstes Gesetzesprojekt ist der Green Deal. Jetzt justiert sie den Kurs neu. Ein Rück- und Ausblick.

Was von der Leyens erste Amtszeit prägte: Ursula von der Leyen musste in den vergangenen zwei Jahren vor allem reagieren. Zuerst auf die Covid-Pandemie und dann auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Auch politische Gegnerinnen und Gegner würdigen ihre Leistung als Krisenmanagerin.

Ihr grösstes gesetzgeberisches Projekt ist zweifellos der «Green Deal». Mit diesem Gesetzespaket will die EU bis 2050 klimaneutral werden. Lanciert wurde der «Green Deal» Ende 2019, nachdem die grüne Welle auch bei den Wahlen des Europäischen Parlaments sichtbar wurde.

Von der Leyen im Porträt.
Legende: Die meisten Gesetzespakete des Green Deals von Von der Leyen sind beschlossen. Doch umsetzen müssen nun die EU-Staaten. Reuters/Inquam Photos/Octav Ganea

Inzwischen sind zwar die meisten Gesetzespakete beschlossen, doch die Stimmen, die Zweifel an der Umsetzbarkeit des Vorhabens äussern, mehren sich. Sowohl unter den Regierungen der EU-Staaten als auch im Europäischen Parlament. Dort hat von der Leyens eigene Fraktion Teile des Green Deals, etwa das Renaturierungsgesetz, lautstark bekämpft.

Die europaweiten Bauernproteste geben den Kritikern des «Green Deals» weiter Auftrieb. Es muss sich deshalb erst noch zeigen, wie viel von Ursula von der Leyens wichtigstem Gesetzespaket letztlich auch zur Anwendung kommt. Daran zeigt sich auch die beschränkte Macht einer EU-Kommissionspräsidentin: Sie und die Kommission können Gesetzesprojekte zwar initiieren, umsetzen müssen sie aber die Mitgliedstaaten.

Wie ihre Chancen auf eine zweite Amtszeit stehen: Diese Chancen stehen sehr gut. Vorausgesetzt, ihre Europäische Volkspartei (EVP) wird erneut grösste Fraktion im Europäischen Parlament. Denn dieses wählt die Kommission auf Vorschlag der Mitgliedstaaten. Doch bei einem Wahlsieg der EVP ist ihr eine zweite Amtszeit noch nicht ganz sicher. Denn sie wird im Parlament sicher auf Stimmen aus anderen Fraktionen angewiesen sein.

Wahrscheinlich, dass sie dabei auch auf Stimmen aus dem rechten Lager angewiesen sein wird. Von der Leyen schliesst Koalitionen mit erklärten EU-Gegnern explizit aus. Doch zu einer Zusammenarbeit mit den rechten Fratelli D'Italia von Giorgia Meloni schweigt sie zurzeit auffällig.

Worauf sie in einer zweiten Amtszeit den Fokus legen dürfte: Im Wahlkampf will Ursula von der Leyen laut ihrer Rede am Parteitag den Schwerpunkt auf die Themen Sicherheit und Wohlstand setzen. Unter anderem will sie in der nächsten Legislatur den Posten eines EU-Kommissars für Verteidigung schaffen. Nur wenig Zeit räumte sie in ihrer Rede dem Green Deal ein. Sie sprach davon, dass sie beim Green Deal auf «pragmatische» Lösungen setze und dass ihre Partei immer an der Seite der Landwirte stehen werde. Die Europäischen Grünen verschickten nach der Rede eine Mitteilung, in der sie von einer «Demontage» des Green Deals durch de EVP sprechen. Von der Leyen scheint zurzeit tatsächlich eher Koalitionspartner im rechten Lager zu suchen – dieser Schluss kann aus ihrer Rede in Bukarest gezogen werden.

Von der Leyen und Amherd nebeneinander stehend.
Legende: In welche Richtung das Schweiz-Dossier in Von der Leyens – hier mit Bundespräsidentin Viola Amherd – möglichen zweiten Amtszeit gehen wird, ist noch unklar. Keystone/Archiv/LAURENT GILLIERON

Von der Leyen und die Schweiz: Die Gespräche und Verhandlungen mit der Schweiz hat Ursula von der Leyen in ihrer ersten Amtszeit vor allem aus der Distanz beobachtet. Um das Dossier kümmerte sich in Brüssel bisher in erster Linie EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic. Ob Sefcovic aber auch Teil einer neuen Kommission unter Ursula von der Leyen sein wird oder ob die Zuständigkeiten im Schweiz-Dossier nach den Europawahlen neu verteilt werden, bleibt abzuwarten.

Tagesschau, 7.3.2024, 19:30 Uhr

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