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Faktencheck zu Nahostkonflikt Im Gazastreifen wird auch um die Wahrheit gekämpft

Weltweit finden Faktencheckteams derzeit Falschmeldungen zum Nahen Osten. Eindeutige Beweise gibt es aber oft nicht. Einige Beispiele.

Seit Wochen behauptet die israelische Armee, dass sich unter dem grössten Spital Gazas eine Zentrale der radikal-islamischen Hamas befinde. Jüngst hat Israels Armee die Kontrolle über die Klink erlangt.

Rundgang im Al-Schifa-Spital

Posts auf verschiedensten Social-Media-Kanälen wollen diesen Fund beweisen. Unter den Beiträgen ist ein Video des israelischen Militärs (IDF), das offenbar auch von der israelischen Botschaft in Österreich veröffentlicht wurde.

«Bei Videos vom IDF ist es wichtig, festzuhalten, dass dies die israelische Armee selber behauptet», erklärt Daniela Meyer vom Netzwerk Faktencheck von SRF.

Wie geht SRF im Nahostkonflikt mit Quellen um?

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Die Informationen zum Krieg in Nahost sind zahlreich und zum Teil widersprüchlich. Die verlässlichsten Quellen sind unsere Korrespondentinnen und Korrespondenten vor Ort. Weitere wichtige Quellen neben Agenturmeldungen sind Augenzeugen, welche Informationen aus erster Hand liefern können. Wir verwenden grundsätzlich mindestens zwei voneinander unabhängige Quellen.

Die Aussagen der verschiedenen Konfliktparteien ordnen wir entsprechend ein. Grundsätzlich gilt bei SRF: Je schwieriger und unzuverlässiger die Quellenlage, desto wichtiger ist Transparenz. Umstrittene Fakten und Informationen, die nicht unabhängig überprüfbar sind, werden als solche kenntlich gemacht.

Das Netzwerk Faktencheck von SRF bemüht sich zudem, zweifelhafte Inhalte auf Authentizität und Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Hierbei spielen auch Plausibilitätschecks und die Arbeit mit international agierenden Fachgemeinschaften eine Rolle.

Auch die BBC berichtete vor Ort: Lucy Williamson wurde im Anschluss an die mutmassliche Entdeckung durch die Räumlichkeiten geführt. Eigenen Angaben zufolge durfte sie weder mit dem Personal noch mit Patienten sprechen. Auffällig: Im Unterschied zum IDF-Video liegen die Waffen in den Aufnahmen der BBC teilweise nicht an der gleichen Stelle wie beim ursprünglichen Video.

Fazit: «Zum Fund im Al-Schifa-Spital gibt es keine Bestätigung von unabhängiger Seite», so Meyer.

Anti-Israel-Beitrag von Mel Gibson?

Auf Plattformen wie Facebook und X war vor einigen Tagen ein angeblicher Beitrag von Gibson über Israel verbreitet worden. Der Post zeigte eine Flagge Israels mit einer Sanduhr anstelle des blauen Davidsterns. «Bald das Ende und sie wissen es», heisst es dazu unter dem Namen und Porträt des Schauspielers und Regisseurs («Braveheart»).

Legende: Dieser Post ist nicht von Mel Gibson. Der 67-Jährige verzichtet laut Angaben seines Agenten ganz auf Soziale Medien. Instagram/makenzie_3.0

Der US-Schauspieler und Regisseur sei nicht in solchen Netzwerken im Internet unterwegs, antwortete sein Agent Alan Nierob auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. «Er ist nicht in Sozialen Netzwerken und dies ist kein Post von ihm», so der Agent.

Fazit: Der angebliche Post von Mel Gibson ist eine Falschinformation.

Liste von Geiselnehmern

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben Hinweise auf verschleppte Geiseln in einer Kinderklinik in Gaza-Stadt gefunden. Armeesprecher Daniel Hagari veröffentlichte kürzlich Bilder, die zeigen sollen, dass die Hamas im Keller des Rantisi-Spitals Geiseln festgehalten hat. Die Hamas bezeichnete die Aufnahmen als gefälscht.

Hagari verweise auf einen «zufälligen Kalender» als Beweis für eine Liste mit mutmasslichen Geiselnehmern, so Muhammad Shehada auf X. Er ist Journalist, lebt in den palästinensischen Gebieten und schreibt für internationale Medien sowie verschiedene Organisationen.

«Kritisiert wird insbesondere, dass nur Wochentage auf dem Kalender stehen», erklärt Meyer vom SRF-Faktencheckteam. «Der Kalender beginnt zwar tatsächlich mit dem 7. Oktober, dem Tag des Angriffs auf Israel, aber ein Kalender mit Wochentagen ist wohl noch kein Beweis für das Festhalten von Entführten.» Fragwürdig sei der angebliche Fund im Keller trotzdem.

Fazit: Der Kalender betrifft den Angriff auf Israel, aber nicht zwingend die Geiselnahmen.

Die Geisel auf Facebook

Die israelische Armee hat am 30. Oktober auf X behauptet, eine ihrer Soldatinnen aus den Händen der Hamas befreit zu haben. Aber war Ori Megidish tatsächlich Gefangene der Hamas? Der populistische Medienschaffende Jackson Hinkle aus den USA stellt dies infrage. Denn: Am 12. Oktober, also zur Zeit der angeblichen Gefangenschaft, hat eine gleichnamige Person auf Facebook und Instagram ein Bild von sich gepostet. Mit der verschwommenen Aufnahme wollen Hinkle und ein Account namens @xpmov beweisen, dass Ori Megidish gar nicht in Gefangenschaft hat sein können.

Blick auf einen Twitter-Post zu einem Facebook-Profil.
Legende: Jackson Hinkle sieht Ungereimtheiten zwischen den Aussagen der israelischen Armee zur Geiselnahme von Megidish und den Posts eines gleichnamigen Facebook-Profils. (Screenshot) X/Jackson Hinkle

Allerdingst stammt dieser Post nicht zwingend von der betroffenen israelischen Soldatin. Zudem ist @xpmov eine fragwürdige Quelle, die sich auf X selbst zur islamistischen Organisation Hisbollah bekennt («With Hezbollah in word and deed»). Dies legt die Annahme nahe, dass ein Fake-Account die israelische Armee bewusst als Lügnerin inszenieren will.

Fazit: Das entsprechende Profil ist kein Beweis für eine falsche Darstellung Israels.

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Dieser Artikel wurde am 20. November 2023 erstmals publiziert. Am Folgetag wurde aus Gründen der Ausgewogenheit eines der Faktencheck-Beispiele ausgetauscht.

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HeuteMorgen, 20.11.2023, 6 Uhr ; 

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