Kein anderes Thema hat die römisch-katholische Kirche in den letzten Jahren mehr aufgewühlt und beschädigt als die sexuellen Missbräuche an Minderjährigen, begangen durch Geistliche.
Um das Problem zu benennen und zu bekämpfen, veröffentlicht der Vatikan jedes Jahr einen Bericht zum Thema. Der zweite solche Report beleuchtet die Situation in Italien.
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Dabei fällt auf: Nur gut ein Drittel der insgesamt 226 Bistümer in Italien hat auf den Fragebogen zu den sexuellen Missbräuchen überhaupt reagiert. Aktuelle Angaben zum Thema gibt es nur aus 81 Bistümern Italiens.
Präventionsbemühungen verstärken
Die Kommission, die den jährlichen Bericht erstellt, war vom verstorbenen Papst Franziskus eingesetzt worden. Jetzt beklagen die Expertinnen und Experten fehlende Daten und mangelndes Geld.
Der Schrei der vielen Opfer wird in Italien noch immer viel zu wenig gehört.
Und zur spezifischen Lage in Italien sagt der Sekretär der Kommission, Luis Manuel Ali Herrera: «Der Schrei der vielen Opfer wird in Italien noch immer viel zu wenig gehört.» Die Überlebenden der sexuellen Übergriffe fühlten sich nach wie vor nicht ernst genommen.
Um dies zu ändern, brauche Italien dringend stabile und professionelle Strukturen, zum Beispiel für die Prävention. Von den Opfern und ihren Verbänden ist stets zu hören, man warte darauf, dass sich Täter entschuldigen. Man warte auf ihre Bestrafung, aber auch auf finanzielle Entschädigung.
Überall gibt es Widerstand
Laut dem aus Kolumbien stammenden Sekretär der Kommission gibt es in Italien – aber auch in vielen anderen Ländern – kulturelle Widerstände, das Thema Missbrauch durch Geistliche offen anzusprechen. «Widerstand gibt es in der Kirche – aber auch in der gesamten Gesellschaft.»
Darum gehe die römisch-katholische Kirche in Italien und anderswo nicht schnell genug gegen die Missbräuche vor. Opfer würden nach wie vor ungenügend darüber informiert, ob und wie die Kirche fehlbare Geistliche bestrafe. So enthebe man Bischöfe zwar ihres Amtes, nenne den Grund dafür aber nicht.
Der Eifer, die Lage zu verbessern, erlahmt, bevor der Prozess richtig begonnen hat. Da bleibt viel zu tun.
Die römisch-katholische Kirche Italiens hat nach wie vor keinen umfassenden Bericht über den sexuellen Missbrauch in ihren Reihen vorgelegt. Und noch bevor diese Arbeit geleistet wurde, stellt die päpstliche Kommission bereits Ermüdungserscheinungen fest: «Der Eifer, die Lage zu verbessern, erlahmt, bevor der Prozess richtig begonnen hat. Da bleibt viel zu tun», heisst es im neusten Bericht der Kinderschutzkommission des Vatikans.
Auch in Italien, dem Land, das dem Vatikan am nächsten liegt, sinkt die Zahl der Gläubigen. Einer der wichtigsten Gründe ist auch hier der Skandal um sexuellen Missbrauch durch Kirchenleute.