Die Silvesterfeier in Sydney ist jeweils ein Publikumsmagnet. Zum jährlichen Riesenfeuerwerk vor der weltberühmten Kulisse der Harbour Bridge und des Opernhauses werden rund eine Million Menschen erwartet. Nach dem Terroranschlag am Bondi Beach herrscht Alarmstufe Rot. SRF-Mitarbeiter Urs Wälterlin sagt, was das bedeutet.
Werden in Sydney und am Bondi Beach die am besten geschützten Silvesterfeiern Australiens stattfinden?
Ja. Nach dem Terroranschlag wird nichts dem Zufall überlassen. Rund 2500 Polizistinnen und Polizisten werden allein um den Hafen von Sydney eingesetzt. Viele von ihnen sind zum ersten Mal mit Maschinenpistolen ausgerüstet, zusätzlich zu ihren Dienstpistolen. Auf Gebäuden werden auch Scharfschützen positioniert. Das Silvesterfeuerwerk in Sydney ist allerdings schon seit Jahrzehnten einer der am stärksten kontrollierten und bewachten Anlässe. Für gewisse Plätze zum Zuschauen muss man bezahlen und eine Sicherheitsprüfung über sich ergehen lassen. Auch Bondi Beach wird stark überwacht von der Polizei. Am Strand ist eine gigantische Party geplant, vor allem für junge Australierinnen und Australier sowie Touristinnen und Touristen aus der ganzen Welt.
Wurden die australischen Gesetze nach dem Anschlag angepasst?
Ja. Die Verschärfung der Waffengesetze Australiens kam beim grössten Teil der Bevölkerung gut an. Künftig wird es nicht mehr so einfach sein, sich sechs Gewehre zu beschaffen, wie es einer der Terroristen von Bondi Beach legal tun konnte. Noch einschneidender ist aber der Entscheid des Parlaments in Sydney, nach einem Terroranschlag Demonstrationen verbieten zu können. Der Polizeichef kann dies nun selbst entscheiden. Das ist ein scharfer Einschnitt in die demokratischen Rechte der Menschen in Australien.
Welche Reaktionen lösen ein mögliches Demonstrationsverbot aus?
Vor allem in humanitären Kreisen hat die Möglichkeit eines Demonstrationsverbots zu grosser Kritik geführt.
So sehen sich etwa Pro-Palästina-Gruppen als Ziel, nachdem es in den letzten Monaten mehrere grosse Protestkundgebungen gegen Israels Verhalten in Gaza gegeben hatte. Gewisse jüdische Organisationen behaupteten danach, diese Demonstrationen hätten nicht nur den Antisemitismus befeuert, sondern auch die Terroristen motiviert. Das ist allerdings umstritten. Man weiss nicht, warum die beiden Terroristen die Tat begangen haben. Tausende Demonstrierende – auch jüdische Demonstrierende – kritisierten denn auch ausdrücklich das Verhalten der israelischen Regierung und der Streitkräfte, nicht aber jüdische Menschen oder die Religion.
Tut der australische Premier Anthony Albanese zu wenig gegen Antisemitismus?
Dieser Vorwurf hält sich hartnäckig, obwohl er faktisch keine Basis hat. Albanese setzte schon Monate vor dem Anschlag eine Sonderbeauftragte für Antisemitismus ein und steckte Millionen Dollar in den Schutz jüdischer Einrichtungen. Derweil haben die Angriffe gegen Albanese und die Labor-Partei inzwischen fast kampagnenartigen Charakter angenommen. Jüdische Organisationen in Kombination mit der konservativen Presse von Rupert Murdoch sowie die konservative Opposition fordern fast jeden Tag im Chor den Rücktritt des Premiers. Da ist auch viel politischer Opportunismus im Spiel.