Zum Inhalt springen

Flugzeugabsturz in Südkorea Experte: Die allermeisten Vogelschläge bleiben folgenlos

Bei einem Flugzeugunglück sind in Südkorea am Sonntag 179 Menschen gestorben. Das Flugzeug konnte bei der Landung das Fahrwerk nicht ausfahren und ist dann über die Piste geschlittert. Noch ist nicht klar, was zum Unfall geführt hat – erste Theorien gehen davon aus, dass das Flugzeug davor einen Vogelschlag erlitten hatte, also mit Vögeln kollidiert ist. Ein Experte ordnet ein.

Christian Hellberg

Vogelschlag-Experte

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Christian Hellberg leitet die Geschäftsstelle des Verbands für biologische Flugsicherheit, DAVVL, bei dem auch der Flughafen Zürich angebunden ist. Hellberg beschäftigt sich unter anderem mit dem Thema Vogelschlag bei Flugzeugen.

SRF News: Wie plausibel ist es, dass der Flugzeugunfall in Südkorea wegen Vogelschlags passiert ist?

Christian Hellberg: Es ist durchaus plausibel, dass die Maschine in einen Vogelschlag verwickelt war. Auf Videoaufnahmen in den sozialen Medien ist etwa zu sehen, dass es an dem einen Triebwerk ein sogenanntes Flameout gab, also dass möglicherweise ein Vogel durch das Triebwerk gegangen ist und dieses beschädigt haben könnte.

Die beiden Probleme passen augenscheinlich so noch nicht zusammen.

Diese Maschine ist aber zudem ohne Fahrwerk gelandet. Es gab also augenscheinlich auch Probleme, das Fahrwerk auszufahren und sicher zu verriegeln. Wie diese Dinge jetzt miteinander zusammenhängen, das muss die Unfalluntersuchung zeigen, die sich die Blackbox, den Voice Recorder und einzelne Sensoren ausliest.

Wie kann ein kaputtes Triebwerk auch Auswirkungen auf das Fahrwerk haben?

Für viele Fachleute passen die beiden Probleme augenscheinlich so noch nicht zusammen. Die Maschine könnte kurz vor der Landung im Endanflug, wenn das Fahrwerk ausgefahren wird, von einem Vogelschlag am Triebwerk und am Fahrwerk getroffen worden sein. Das könnte zu einer Fehlfunktion des Fahrwerks geführt haben, was die Verriegelung angeht. Auch könnte das Triebwerk beschädigt worden sein, sodass es seine strukturelle Integrität verloren hat und Teile der Triebwerksschaufeln abgebrochen sind. Sie könnten dann beispielsweise die Hydrauliksysteme des Flugzeugs beschädigt haben.

Flugzeuge sind mittlerweile so schnell und leise geworden, dass sie von Vögeln in der Regel nicht bemerkt werden.

Was macht Vogelschlag für Flugzeuge so gefährlich?

Die Situation, dass sich Luftfahrzeug und Vogel den gleichen Luftraum teilen. Die Flugzeuge sind mittlerweile so schnell und leise geworden, dass sie von Vögeln in der Regel nicht bemerkt werden – und die Tiere keine Möglichkeit haben auszuweichen. Daher kommt es weltweit täglich zu Kollisionen. Weit über 90 Prozent davon haben weder Beschädigungen noch sonstige Auswirkungen auf den Flugverkehr zur Folge. Aber es gibt einen gewissen Prozentsatz, bei dem die Masse des Vogels oder der Vögel eines Schwarms eine kritische Grenze überschreitet, sodass das Flugzeug den Aufprall nicht schadlos übersteht.

Enten, Gänse, Kormorane oder auch Kraniche sorgen aufgrund ihres Gewichtes in der Regel für Schäden.

Einige neuralgische Punkte an einem Luftfahrzeug wie zum Beispiel die Radarnase, Cockpitscheiben und auch die Triebwerke sind da prädestiniert, dann Schaden zu nehmen. Beim Triebwerk kommt noch die Rotationsbewegung der Triebwerksschaufeln hinzu. Im Falle einer Kollision addieren sich diese kinetischen Kräfte, wodurch sich die Triebwerksschaufeln verbiegen oder brechen und so das Triebwerk beschädigen können.

Von welcher Masse sprechen wir, die es braucht, damit ein Vogelschlag gefährlich wird?

Unsere Statistiken und Zahlen belegen sehr gut, dass es bei Vögeln mit einem Gewicht ab 300 oder 400 Gramm durchaus schon zu Beschädigungen am Flugzeug kommen kann. Bei Vogelschwärmen addieren sich die Massen, gefährlich sind etwa Starenschwärme mit vielen hundert bis zu einigen tausend Individuen. Fliegt ein Flugzeug da rein, ist das Risiko einer Beschädigung schon relativ gross. Viel gefährlicher sind Enten, Gänse, Kormorane oder auch Kraniche. Aufgrund ihres Gewichtes sorgen diese Vogelarten in der Regel für Schäden.

Das Gespräch führte Peter Hanselmann.

HeuteMorgen, 03.01.2025, 06:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel