Auf den Philippinen hat Präsident Rodrigo Duterte ein Gesetz in Kraft gesetzt, das öffentliche sexuelle Belästigung unter Strafe stellt. Das ist bemerkenswert, denn er selbst sorgt mit sexistischen und frauenfeindlichen Bemerkungen immer wieder für Aufsehen. Menschenrechts- und Frauenorganistionen kritisierten den Zynismus des Populisten, sagte NZZ-Korrespondent Manfred Rist.
SRF News: War sexuelle Belästigung auf den Philippinen bisher straffrei?
Manfred Rist: Nein, es gab bereits ein Anti-Sexual-Harassment-Gesetz, das nicht nur bei Vergewaltigung, sondern auch bei sexistischen Äusserungen greifen sollte. Allerdings war das Gesetz viel zu harmlos formuliert und hat entsprechend nicht richtig gegriffen. Meines Wissens hat es aufgrund dieses Gesetzes auf den Philippinen keine einzige Verurteilung gegeben. Das soll sich nun ändern.
Welche Handlungen sollen mit dem neuen Gesetz bestraft werden?
Unter Strafe gestellt werden sexistische, frauenfeindliche Bemerkungen und Handlungen. Dazu gehören Befummeln, Kneifen und die körperliche Annäherung, die nicht im Einverständnis erfolgt. Es geht aber auch um homophobe Äusserungen wie die Beleidigung von Homosexuellen und alle degradierenden Äusserungen gegenüber dem anderen Geschlecht. Wie weit das in Geld- und Freiheitsstrafen umgesetzt wird, muss sich noch zeigen.
Duterte hat gegen viele der jetzt strafbaren Handlungen verstossen und damit auch Wahlkampf betrieben. Ist er einsichtig geworden?
Duterte ist ein Populist durch und durch. Er richtet sich nach dem Wind. Als Präsident ist er juristisch immun und kann somit weder im Amt noch nachher belangt werden. Das neue Gesetz betrifft also nur die anderen. Entsprechend beschränkt ist dessen Ausstrahlungskraft. Niemand geht davon aus, dass sich Duterte grundsätzlich geändert hat und jetzt mit seinen Äusserungen zurückhalten wird. Er hat sich bisher nie reuig gezeigt.
Wie wird das neue Gesetz bei der Bevölkerung ankommen?
Es wird auf den Philippinen keine grossen Reaktionen auslösen. Vor allem nicht in der breiten Bevölkerung. Aber die Kritiker Dutertes haben sich bereits zu Wort gemeldet. Vor allem Menschenrechts- und Frauenorganisationen weisen auf den Zynismus hin, wenn ein Präsident mit einem solchen Renommee ausgerechnet jetzt ein solches Gesetz verabschieden lässt. Ohne Kommentar übrigens. Er hat sich dazu überhaupt nicht geäussert.
Wie zufrieden ist die über 100 Millionen starke Bevölkerung mit den ersten drei Jahren unter Duterte?
Wenn heute Wahlen wären, würde Duterte ganz sicher wiedergewählt. Er ist also in grossen Bevölkerungskreisen immer noch sehr populär. Das hängt auch damit zusammen, dass er keinen politischen Widersacher hat. Er kann mit seiner hemdsärmeligen Art gewissermassen machen, was er will. Daran wird sich wahrscheinlich in den nächsten drei Jahren nichts ändern.
Das Gespräch führte Hans Ineichen.