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Frauen am Steuer «Saudi-Arabien öffnet sich aus wirtschaftlicher Notwendigkeit»

Bald sollen saudische Frauen Autofahren dürfen. Korrespondent Pascal Weber erklärt, was das mit dem Ölpreis zu tun hat.

SRF News: Bald sollen saudische Frauen autofahren dürfen. Ist das ein rein symbolischer Akt oder ein regelrechter Durchbruch für Saudi-Arabien?

Pascal Weber: Es ist auf jeden Fall weit mehr als ein symbolischer Akt. Das zeigen schon allein die Tweets von saudischen Frauen. Manal al-Sharif, eine der bekanntesten Aktivistinnen des Landes, die auch schon fürs Autofahren im Gefängnis sass, schreibt etwa: «Saudi-Arabien wird niemals mehr so sein wie heute. Der Regen fängt mit einem einzelnen Tropfen an.»

Das Land verändert sich und das passiert sehr schnell.
Autor: Pascal Weber SRF-Nahost-Korrespondent

Es gab in letzter Zeit mehrere Anzeichen für eine Öffnung Saudi-Arabiens. Wieso kommen diese Reformen genau jetzt?

Das passiert aus wirtschaftlicher Notwendigkeit. Wenn der Öl-Preis so tief bleibt, wie er heute ist, könnte Saudi-Arabien in weniger als 20 Jahren bankrott sein. Die saudischen Prinzen wissen, dass sie ihre Wirtschaft vollständig umbauen müssen, wenn sie an der Macht bleiben wollen. Das Land kann es sich schlicht nicht mehr leisten, die Hälfte der Bevölkerung vom Wirtschaftsleben auszuschliessen. Wenn saudische Frauen heute arbeiten wollen, müssen sie entweder einen männlichen Verwandten finden, der sie zur Arbeit fährt oder grosse Teile ihres Lohns für einen Fahrer ausgeben. Das können sich immer weniger Frauen leisten.

Saudi-Arabien ist und bleibt ein extrem konservatives Land.
Autor: Pascal Weber SRF-Nahost-Korrespondent

Hinter der Öffnung Saudi-Arabiens stecken also wirtschaftliche Gründe und keine politischen?

Der Antrieb des Machterhalts ist zwar politisch, der Grund dafür ist aber hauptsächlich wirtschaftlich. Der Kronprinz hat Saudi-Arabien einen ehrgeizigen Plan verschrieben: die sogenannte Agenda 2030. Damit will er komplett unabhängig vom Öl werden und Saudi-Arabien zu einer wissensgetriebenen Technologiegesellschaft umbauen. Das beinhaltet auch, dass sich die Gesellschaft verändert.

Saudi-arabische Aktivisten und Aktivistinnen setzen sich seit Jahrzehnten für diese Reform ein. Kann man davon sprechen, dass die modernen, fortschrittlichen Kräfte gewonnen haben?

Nein, Saudi-Arabien ist und bleibt ein extrem konservatives Land. Abweichende Meinungen können etwa kaum öffentlich geäussert werden und die Todesstrafe wird radikal vollstreckt. Das Land verändert sich aber und das passiert sehr schnell. Ich war im vergangenen Frühling zum letzten Mal da und was ich dabei gesehen habe, war bei meinem vorletzten Besuch vor zwei Jahren nicht mal denkbar: Frauen, die in Einkaufszentren ohne Schleier unterwegs sind, Frauen, die als Verkäuferinnen arbeiten, eine Religionspolizei, die nur noch melden kann und nicht mehr direkt eingreifen, Kulturveranstaltungen, bei denen Männer und Frauen gemischt sitzen und so weiter. Uns mag das vielleicht als wenig erscheinen, für Saudi-Arabien sind es aber bedeutende Schritte.

Das Gespräch führte Miriam Knecht

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