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Giorgia gegen Elly: Zwei Politikerinnen verändern Italien
Aus Rundschau vom 05.04.2023.
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Frauen in Italien «Italien ist ein homophobes und dramatisch machohaftes Land»

In Italien, das für Machotum und fehlende feministische Politik bekannt ist, prägen jetzt zwei Frauen das politische Geschehen: Giorgia Meloni und Elly Schlein. Was hat sich dadurch verändert? Und was könnte noch folgen? Ein Interview mit der linken Schriftstellerin und Feministin Lidia Ravera.

Lidia Ravera

Lidia Ravera

Schriftstellerin und Feministin

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Lidia Ravera ist eine italienische Schriftstellerin und Journalistin. Sie schreibt regelmässig kulturelle und politische Beiträge für italienische Publikationen. Von 2013 bis 2018 war Lidia Ravera politisch tätig – als Verantwortliche für Kultur und Jugendpolitik der Region Latium unter der Regionalregierung von Nicola Zingaretti.

SRF News: Ist das Duo Giorgia Meloni als Regierungschefin und Elly Schlein als Oppositionsführerin ein Signal für mehr Gleichberechtigung in der italienischen Gesellschaft?

Lidia Ravera: Dank Giorgia Meloni hat es Elly Schlein geschafft, die alte Machologik der Mitte-links-Partei, die sie jetzt vertritt, zu überwinden. Meloni hat das Tor zum Männerklub niedergerissen. Sie hat damit Schlein den Weg an die Spitze der Opposition geebnet.

Erstmals zwei Frauen an der Spitze der grössten Parteien Italiens

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Noch nie in der Geschichte Italiens führten zwei Frauen die zwei grössten Parteien im italienischen Parlament an. Zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni von den postfaschistischen Fratelli d’Italia wurde im September 2022 zur ersten Ministerpräsidentin des Landes gewählt. Nie seit dem Zweiten Weltkrieg war eine italienische Regierung so rechts wie die aktuelle Regierung unter Giorgia Meloni.

Ihre politische Gegenspielerin, die sozialdemokratische Elly Schlein, führt seit Ende Februar dieses Jahres den Partito Democratico an. Schlein positioniert sich im Partito Democratico ganz links – für viele Mitglieder allerdings zu links.

Die beiden sind sich ähnlich und doch entgegengesetzt. Sie sind jung, entschlossen und unermüdlich. Sie sind sehr fleissig, wie nur wir Frauen es sein können. Wir müssen nicht beweisen, dass wir gut sind, wir müssen beweisen, dass wir viel besser sind als die Männer.

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Archiv: Italien hat den Faschismus kaum aufgearbeitet
aus Echo der Zeit vom 26.10.2022. Bild: KEYSTONE/AP Photo/Venanzio Raggi
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Sind die zwei Politikerinnen eine Chance für alle Frauen in Italien?

Jetzt sind die Männer gezwungen, uns ernst zu nehmen. Das ist in der Politik bisher wenig vorgekommen, weil den Frauen, die in der Politik Karriere gemacht haben, dies immer zunächst einmal begrenzt gelungen ist. Frauen waren bislang dann erfolgreich, wenn sie Männer imitiert, ihre Sprache gelernt haben, statt die disruptive Kraft eines anderen Blicks einzubringen.

Jetzt sind die Männer gezwungen, Frauen ernst zu nehmen.

Es wird nicht leicht sein, dass sich diese andere Sichtweise durchsetzt – der Widerstand auf der anderen Seite ist gross. Aber ich bin sicher: Jetzt machen wir einen Schritt nach vorne.

Italien, das haben wir bei unseren Recherchen immer wieder gehört, wird als homophobes und machohaftes Land beschrieben. Stimmt das?

Ja, Italien ist definitiv ein homophobes und dramatisch machohaftes Land. Wir haben jetzt eine Regierungschefin, aber erst vor 77 Jahren erhielten wir Frauen das Wahlrecht. Der Machismo ist sehr tief in unserem Land verwurzelt und die Femizide in Italien sind ein Beweis dafür, dass er auf dem Vormarsch ist.

Elly Schlein bei ihrer Wahl zur Parteichefin im vergangenen März. Zwei weisse Männer halten ihre Hände hoch.
Legende: Elly Schlein bei ihrer Wahl zur Parteichefin im vergangenen März. EPA/FABIO CIMAGLIA

Diese Frauenmorde zeigen, wie intolerant viele Männer sind. Vielleicht ohne sich dessen bewusst zu sein, dass Frauen Subjekte und nicht Objekte sind. Das geht so weit, dass sie Frauen umbringen, wenn diese beschliessen, sie zu verlassen. Das ist in unserem Land tief verwurzelt und ändert sich nur sehr langsam. Es wird wohl noch ein paar Generationen dauern.

Das Gespräch führte Simona Caminada.

Rundschau, 05.04.2023, 20:05 Uhr;

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