14 Jahre lang hatten Frauen in Honduras keinen legalen Zugang zur Pille danach. Als Xiomara Castro zur ersten Präsidentin des Landes gewählt wurde, setzte sie diesem Umstand per Verordnung ein Ende. Doch selbst nach Aufhebung des Verbots ist das Medikament nicht überall erhältlich.
Rolle der Kirche
In der Farmacia Siman im Zentrum der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa heisst es, die Pille danach werde in deren Filialen nicht verkauft. Siman gehört zu den grössten Apothekenketten im Land.
«Ich glaube, es ist, weil die Besitzer katholisch sind», sagt die Verkäuferin. Die Apotheke liegt direkt neben der Kathedrale San Miguel Arcangel. Neben dem Altar liegt ein kleiner Raum voll mit Kerzen. Drei Frauen beten darin. An der Wand steht ein Schild: «Betet für das Ende der Abtreibung.»
Honduras ist ein strenggläubiges Land, fast 90 Prozent der Bevölkerung sind christlichen Glaubens. Die Kirche hat grossen Einfluss auf die Gesellschaft und die Politik. Und diese hat Gesetze geschaffen, die kaum sonst wo auf der Welt so streng sind, was das Verbot von Abtreibung anbelangt.
Weder bei Vergewaltigung noch bei Inzest noch bei Risiko für die Gesundheit der Mutter – eine Abtreibung ist nicht erlaubt. Wer verdächtigt wird, abgetrieben zu haben, bekommt es mit Polizei und Justiz zu tun. Das musste Nolvia Suyapa am eigenen Leib erfahren.
Mit Bauchweh ins Spital, in Handschellen erwacht
Die damals 31-Jährige war ins Spital gegangen, weil sie sehr starke Unterleibsschmerzen hatte. Sie wusste nicht, dass sie schwanger war. Auf der Spitaltoilette hatte sie eine Fehlgeburt. Als sie auf der Krankenbahre aufwachte, hatte sie Handschellen an und wurde vom Gesundheitspersonal beschimpft. «Sie sagten, ich sei eine Kuh, die es nicht verdiene, am Leben zu sein, und dass ich kein Herz hätte.»
Das war vor mehr als zehn Jahren. Die Anklage vor Gericht: Abtreibung. Und das kann in Honduras bis zu sechs Jahre Gefängnis bedeuten. Nolvia Suyapas Fall blieb im Justizsystem stecken. Jahrelang musste sie jede Woche vor Gericht erscheinen, bis Anwältin Merary Avila sich des Falles annahm.
Die Anwältin setzt sich in Honduras seit Jahren für das Recht der Frauen auf Abtreibung ein. Denn das Verbot bringe nichts: «Studien zeigen, dass Komplikationen rund um Abtreibungen der am zweithäufigsten aufgeführte Grund sind, warum Frauen eine Klinik aufsuchen», so die Anwältin.
Die 42-Jährige hat in all den Jahren schon viele Fälle begleitet. Sie erzählt von Reina, die monatelang einen schwer missgebildeten Fötus mit Anenzephalie austragen musste. Das Kind hat nach der Geburt wie erwartet nur wenige Minuten gelebt. Oder der Fall der 13-jährigen Michelle, welche das Kind ihres Stiefvaters gebären musste.
Auf absehbare Zeit wird sich die rechtliche Situation in Honduras rund um Abtreibung nicht verbessern, weiss Merary Avila. Umso mehr setzt sich die Anwältin weiter ein für das Recht auf Abtreibung. Auch wenn ihr selbst damit ebenfalls Gefängnis drohen könnte.