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Freispruch im Senat Trump bleibt der einzige Sieger des Amtsenthebungs-Prozesses

Von allem Anfang an muss es den Demokraten klar gewesen sein, dass es ihnen nicht gelingen würde, den verhassten Präsidenten aus dem Amt zu jagen. Zu sehr hat Donald Trump die Republikaner auf seine Linie gezwungen.

Angesichts der Faktenlage mussten die Demokraten aber das Amtsenthebungsverfahren gegen ihn einleiten. Missbrauch des Amtes für persönliche Zwecke ist nicht einfach eine Frage des Stils eines ungewöhnlichen Präsidenten. Schweigen und Nichtstun wäre von der demokratischen Wählerschaft als Kapitulation aufgefasst worden.

Die Demokraten im Kongress müssen sich jedoch vorwerfen lassen, dass sie das Impeachment-Verfahren in Rekordtempo durchpeitschten. Weil sie wussten, dass sie es nicht gewinnen konnten, haben sie auf die Zwangsvorladung wichtiger Zeugen verzichtet.

Ihre Taktik fusste auf der Hoffnung, irgendwann werde jemand aus dem inneren Zirkel des Präsidenten die Mauer des Schweigens durchbrechen und das Gebäude aus Lügen und Beschönigungen schliesslich zum Einsturz bringen.

Ausgang von Anfang an klar

Von allem Anfang an muss es aber auch den Republikanern klar gewesen sein, dass es ihnen nicht gelingen konnte, ihren Präsidenten reinzuwaschen. Zu offensichtlich war das Bemühen Trumps, seinen Rivalen Joe Biden zu beschädigen und dafür die Macht seines Amtes einzusetzen.

Die Verteidiger des Präsidenten machten sich denn auch nie ernsthaft die Mühe, die Faktenlage zu bestreiten. Unangebracht sei das Verhalten Trumps gewesen, gab ein republikanischer Senator am letzten Freitag schliesslich zu, aber eben auch kein ausreichender Grund, ihn deswegen des Amtes zu entheben.

Keine weiteren Zeugen und ein schneller Freispruch, bevor noch mehr Fakten ans Licht kommen und die rhetorischen Verrenkungen beim Schönreden noch qualvoller werden.

Zwist dauert weiter an

Das Verfahren ist nun nach vier Monaten vorbei, aber der Streit ist nicht beigelegt. Die Demokraten bezeichnen den Freispruch Trumps bereits als unrechtmässig, die Republikaner erwägen eine Untersuchung von Joe Biden und den Ukraine-Geschäften seines Sohnes.

Beide Seiten präsentieren sich gleichzeitig als Opfer der Gegenseite und gleichzeitig als moralische Sieger. Dabei verkennen sie, dass sich immer mehr Menschen von einem Prozess, der als inszeniert und heuchlerisch empfunden wurde, abgewendet haben.

Das alles hat das Ansehen des Kongresses beschädigt. Nur Donald Trump geht gestärkt aus dem Prozess hervor – denn er hat erkannt, dass die Republikaner im Kongress ihre Aufsichtspflicht der Parteiräson unterordnen und dass die Demokraten machtlos gegen seine Taktik sind, alles konsequent abzustreiten und doppelt so stark zurückzuschlagen. Trump dürfte versucht sein, dies auszunutzen.

Der einzige, der Trump nun noch schlagen könne, sei Trump selber, ist deshalb zu hören. Doch solche Wahlprognosen sind vorschnell, denn noch ist unklar, wer den Präsidenten im Herbst herausfordern wird. Ebenso unklar ist der Gang der Wirtschaft. Die Mehrheit der Bevölkerung wählt mit dem Portemonnaie und dem Bauch – und das tut sie erst in neun Monaten.

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