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Friedensmission der UNO Berüchtigte Polizisten sollen Haitis Banden bändigen

In der Heimat gelten kenianische Polizisten als brutal und korrupt. Nun sollen sie die Banden in Haiti bekämpfen.

Naturkatastrophen, Staatsstreiche, Armut: Die Situation in Haiti ist seit Jahrzehnten prekär. Nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse vor drei Jahren verschärfte sich auch die Sicherheitslage drastisch: Kriminelle Banden übernahmen die Kontrolle und terrorisieren bis heute die Menschen im krisengeplagten Karibikstaat.

Bewaffnetes Bandenmitglied in Port-au-Princem März 20
Legende: Insbesondere in der Hauptstadt Port-au-Prince haben die Banden das Sagen. Seit März befreiten sie 4500 der insgesamt 12'000 Häftlinge im Land. Erst am Wochenende gab es einen Überfall auf ein Gefängnis. Keystone/AP/ODELYN JOSEPH

Im Auftrag des UNO-Sicherheitsrats sind seit Anfang Sommer kenianische Polizeikräfte in Haiti aktiv, um die Gewalt in den Griff zu bekommen. Aber können solche Missionen etwas bewirken in einem Land, in dem Chaos und Anarchie herrschen? Ja, sagt Corinne Bara vom Center for Security Studies der Universität Zürich: «Gerade UNO-Friedensmissionen, also die bekannten Blauhelme, sind erstaunlich wirksam.»

Die UNO-Friedensmission in Haiti

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Neben den kenianischen Sicherheitskräften wurden Polizeikontingente aus anderen, überwiegend karibischen Ländern nach Haiti entstandt. Insgesamt sollen etwa 2500 internationale Polizeikräfte im Einsatz sein, um die haitianische Polizei zu unterstützen.

Effektiv sind sie aber nicht durch schiere Militärgewalt. Zahlenmässig sind die Missionen beschränkt und oft rekrutieren sie sich auch nicht aus Truppen, die besonders gut organisiert oder schlagkräftig sind. «Ihre Präsenz hat aber bereits eine abschreckende Wirkung», schätzt Bara. «Und wenn die UNO zuschaut, wird auch über Gräueltaten berichtet.»

Kenianische Polizisten in Haiti.
Legende: Rund die Hälfte der insgesamt 1000 Polizisten aus Kenia ist inzwischen vor Ort. Sie sollen die Menschen vor den marodierenden Banden schützen. Keystone/EPA/MENTOR DAVID LORENS

In Haiti sind die Gangs zum Machtfaktor geworden und haben auch die Sicherheitskräfte infiltriert. «Unabhängige Truppen, die nicht Teil der lokalen Verstrickungen sind, können hier ein Vorteil sein», sagt Bara. Generell können UNO-Friedensmissionen also zur Beruhigung der Lage in Konfliktregionen beitragen.

Die Afrika-Korrespondentin Bettina Rühl stellt der kenianischen Polizei allerdings kein gutes Zeugnis aus. «Mein Eindruck ist sehr negativ», so die Journalistin, die in Kenias Hauptstadt Nairobi lebt. «Bekannte und Freunde berichten mir immer wieder von Korruption, die das ganze System zu durchziehen scheint.»

Brutale Niederschlagung von Protesten

Ein Beispiel: Im Land sei es üblich, dass Polizisten an Strassensperren eine Art Wegzoll von Kleinbussen und Taxis verlangten. Die kenianische Polizei ist auch für ihre Brutalität berüchtigt. Zuletzt griffen Sicherheitskräfte heftig gegen die Proteste der «Gen Z» durch, bei der junge Demonstrierende gegen die Steuerpläne der Regierung aufbegehrten. Bei diesen Einsätzen sollen sie auch Menschen entführt haben.

«Und schon während der Coronapandemie wurden Leute auf der Strasse von der Polizei getötet und teils erschlagen, die die strikten Ausgangssperren nicht einhielten», sagt Rühl.

Schlechte Blauhelm-Mission besser als gar keine?

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In der Vergangenheit machten Blauhelm-Missionen wiederholt Negativschlagzeilen – unter anderem wegen Fehlverhalten und Übergriffen auf Zivilisten. «In unserer Forschung stellen wir aber eine zentrale Frage: Sind nicht auch mangelhafte UNO-Missionen besser als gar keine?», sagt ETH-Wissenschaftlerin Corinne Bara.

Der Blick auf Konflikte wie in Mali zeige, dass die Einsätze viele Menschenleben retten würden. Zentral sei jedoch, dass sich parallel zur Präsenz bewaffneter Truppen eine politische Friedensperspektive in den Konfliktgebieten gebe.

Auf der Internetseite «Missing Voices » dokumentieren Menschenrechtsaktivisten die Fälle aussergerichtlicher Tötungen und Entführungen durch die kenianische Polizei. Demnach wurden seit 2019 1350 Menschen getötet, 350 sind spurlos verschwunden.

«Die hiesige Bevölkerung war sehr verblüfft über das Angebot von Präsident William Ruto, kenianische Polizisten nach Haiti zu entsenden», sagt Rühl. Sie bezweifelt denn auch, dass die Sicherheitskräfte die Bandengewalt in Haiti nachhaltig eindämmen können.

Wie die Sicherheitslage im Karibikstaat derzeit ist, ist schwierig einzuschätzen. ETH-Forscherin Bara sieht erste positive Entwicklungen. In der Hauptstadt sei die Gewalt bereits etwas zurückgegangen und die Menschen könnten sich wieder freier bewegen. Die Gangs hätten sich teils in die Aussenbezirke zurückgezogen.

Afrika-Korrespondentin Rühl hält Berichte, wonach die kenianische Präsenz in Haiti bereits Wirkung entfaltet, aber für geschönt. «Der Erfolg dieser Mission ist bisher sehr bescheiden.»

SRF 4 News, 19.8.2024, 6:48 Uhr ; 

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