Am 6. Februar zerstörten gewaltige Erdbeben die Südtürkei und Nordsyrien. Mehr als 50'000 Menschen kamen ums Leben. Mehr als 3 Millionen Menschen wurden obdachlos. Und noch immer stehen die Hilfskräfte vor gewaltigen Herausforderungen. Erst machte die Eiseskälte zu schaffen, jetzt die Sommerhitze. SRF-Auslandredaktor Philipp Scholkmann fasst die Lage vor Ort zusammen.
Was sind derzeit die grössten Probleme vor Ort?
Eines der grössten ist das Trinkwasser. Mit der Sommerhitze steigt die Nachfrage deutlich an, doch die Versorgung hält offenbar nicht Schritt. In den ersten Monaten nach dem verheerenden Erdbeben entstanden viele Initiativen zur spontanen Hilfe, viele kümmerten sich auch um die Verteilung von Wasserflaschen und Essen. Die Zahl solcher Initiativen sei kleiner geworden, heisst es vor Ort, ohne dass schon eine dauerhaftere Struktur zur Wasserversorgung oder Wasseraufbereitung an deren Stelle getreten wäre.
Wie sind die Erdbebenopfer untergebracht?
Es gibt Familien, die es vorziehen, in Zelten zu bleiben, weil sie so einfacher in der Nähe ihres Dorfes und ihres sozialen Umfelds sein können. Viele andere bevorzugen Container. Sie bieten ein Minimum an Privatsphäre mit eigenen «vier Wänden». In den Containerlagern ist auch die Versorgung einfacher, es gibt Läden, Gesundheitsstationen, Schulen. Wohingegen manche der Zeltstädte improvisiert sind und geografisch weit verstreut. Die Bedürftigen dort zu erreichen und zu versorgen, sei eine der grossen Herausforderungen, sagen die Hilfsorganisationen.
Wie steht es um ihre Gesundheit?
Da und dort staple sich der Abfall, was Ungeziefer anzieht und ein Risiko darstellt. Auch Hautkrankheiten (Krätze) verbreiteten sich, melden die Hilfsorganisationen. Wegen der Enge des Zusammenlebens und der ungewissen Perspektiven würden auch die psychischen Belastungen, die sozialen Spannungen grösser.
Wie ist die Lage im syrischen Erdbebengebiet?
Die Lage wird in Syrien noch verschärft durch ein gutes Jahrzehnt Kriegszerrüttung, die bereits vor dem Erdbeben herrschte. Die Versorgungslage sei im Moment zwar gut, auch der Nachschub aus der Türkei in die Rebellengebiete funktioniere im Prinzip, heisst es bei Hilfsorganisationen. Aber es fehlt an Geld. Direkt auf das Erdbeben bezogen war zwar auch für Syrien die Solidarität gross. Doch die Uno hat für die wiederkehrende Syrienhilfe zuletzt nur noch zwölf Prozent des Geldes erhalten, das sie von den Gebern erbeten hatte. Der humanitäre Koordinator der Uno, Martin Griffiths, warnte deshalb vor dem Sicherheitsrat, dass die Hilfe um 40 Prozent gekürzt werden könnte. Allein dem Welternährungsprogramm fehlten 200 Millionen Dollar für Syrien.