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Gemeinsame Zukunft? CSU-Chef Söder umgarnt Grünen-Chef Habeck

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Kann Söder Kanzler?
aus Echo der Zeit vom 26.10.2020. Bild: Reuters
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 9 Sekunden.

Wenn in einem Jahr, anfangs Dezember 2021 die Bundestagswahl vorbei sein wird, die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sind, der neue Bundeskanzler gewählt ist und Markus Söder (CSU) ans Rednerpult tritt, um seine erste Regierungserklärung abzugeben, werden Sie sich vielleicht fragen: Wann war klar, dass die neue deutsche Regierung Schwarz-Grün sein wird und Söder Kanzler?

Die Antwort lautet: Am 12. Dezember 2020. Es gibt Momente in der Politik, in denen man spürt, ohne es mit harten Fakten und Gewissheiten belegen zu können – «soft power» statt «hard facts» sozusagen, dass die Politik an einer Weiche eine bestimmte Abzweigung nimmt. Und sichtbarer Ausdruck ist in diesem Fall das gemeinsame SPIEGEL-Interview von CSU-Chef und bayerischem Ministerpräsidenten Söder und dem Grünen Parteichef Habeck. Es ist ein bewusst gesetztes Signal und ein Versuchsballon.

«Kamel – im positiven Sinn»

In diesem Interview wird politisch hemmungslos geflirtet. Robert Habeck nennt Markus Söder ein «Kamel im positiven Sinne», denn in der Coronakrise-Politik brauche es viel Kondition und Zähigkeit, wie die eines Kamels in der Wüste. Wenn das kein politischer Kosename ist. Und Söder erwidert – man hört ihn glucksend lachen: «Das hat sich nicht einmal Horst Seehofer getraut», sein einstiger härtester (innerparteilicher) Konkurrent. Habeck: «Besser Kamel als Gorilla, oder?» So ein Flirt ist immer auch ein bisschen peinlich.

Söder umschmeichelt die zickigen Grünen. Klimawandel sei eines der wichtigsten und – im Sinne der «Bewahrung der Schöpfung» – auch ein konservatives Thema, sagt das politische Chamäleon Söder. Als die Bayern zu Zehntausenden für die Bienen und die Artenvielfalt auf die Strasse gingen, setzte sich Söder an die Spitze. Für ihn gilt die Parole des CSU-Urgesteins Franz-Josef Strauss: «Konservativ heisst, an der Spitze des Fortschritts marschieren» oder noch einfacher: An der Spitze marschieren.

«Only Nixon could go to China»

Söder und die Grünen passen gut zusammen. «Only Nixon could go to China» heisst es, sprich nur ein konservativer US-Präsident konnte seinerzeit diplomatische Beziehungen mit dem kommunistischen China aufnehmen. Nur der (scheinbar) konservative Hardliner Söder kann mit den Grünen regieren und den Deutschen eine neue Klimapolitik zumuten. Und die Grünen könnten gut mit Söder, hört man hinter vorgehaltener Hand.

Vielleicht sagen Sie jetzt: Das ist doch klar, die Umfragen sprechen eindeutig für Markus Söder und eine schwarz-grüne Koalition. Aber so klar ist das nicht, gerade weil die Union in den Umfragen so deutlich führt. Denn die CDU stellt mit über 80 Prozent die überwiegende Mehrheit der Parlamentarier und Parlamentarierinnen in der gemeinsamen CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Freiwillig wird die CDU die Macht nicht an einen verhältnismässig jungen Politiker der CSU abgeben, der vielleicht noch lange Kanzler sein wird.

Peter Voegeli

Peter Voegeli

Italien-Korrespondent

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Peter Voegeli ist seit Januar 2022 Italien-Korrespondent von Radio SRF. Von Rom aus hat er auch den Vatikan, Griechenland und Malta im Blick. Zwischen 2005 und 2011 berichtete er als USA-Korrespondent aus Washington DC. Danach war er während dreieinhalb Jahren Moderator von «Echo der Zeit» und von 2015 bis 2021 Deutschland-Korrespondent in Berlin. Von 1995 bis 2005 arbeitete der Historiker als Korrespondent für Schweizer Printmedien in Bonn und Berlin.

Echo der Zeit, 9.12.2020, 18 Uhr

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