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Gewalt im Nahostkonflikt Waffenruhe zwischen Israel und Islamischem Dschihad bisher stabil

  • Die Waffenruhe im Gaza-Konflikt hat vorerst Bestand.
  • Eine israelische Armeesprecherin in Tel Aviv bestätigte am Montagmorgen, es seien seit der Waffenruhe am Sonntagabend keine neuen Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert worden.
  • Auch die israelische Armee habe keine neuen Ziele in dem Küstenstreifen angegriffen.

Beide Seiten hatten für Sonntagabend ab 23:30 Uhr (Ortszeit) eine Waffenruhe verkündet. Israels Armee hatte zuvor am Sonntagmorgen einen weiteren Militärchef der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad im Gazastreifen getötet.

Daraufhin heulten in der israelischen Küstenstadt Tel Aviv am Sonntagabend unter anderem die Alarmsirenen. Es sollen dumpfe Explosionen zu hören gewesen sein. Man begrüsse die ägyptischen Vermittlungsbemühungen, hiess es von beiden Seiten. Der Dschihad poche aber auf sein Recht, «auf jede israelische Aggression zu reagieren».

Von israelischer Seite gab es zunächst keine offizielle Bestätigung für die Waffenruhe. Am Abend war eine hochrangige ägyptische Delegation in Gaza eingetroffen, um über Details der möglichen Waffenruhe zu verhandeln.

Weitere Angriffe am Sonntag

Zuvor waren am Sonntagnachmittag Einwohnerinnen und Einwohner von Tel Aviv in Schutzräume geeilt, wie Nachrichtenagenturen übereinstimmend berichten. Es war der erste Alarm dieser Art im Stadtzentrum seit Freitag. Zuvor waren Meldungen publik geworden, wonach ein Waffenstillstand um 19 Uhr Ortszeit hätte in Kraft treten sollen. Dieser hat sich nun verzögert.

Einschätzung von Nahost-Korrespondent

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«Zwar wurde eine solche den ganzen Tag durch immer wieder angekündigt: bis am Sonntagabend war die Waffenruhe aber noch nicht zustande gekommen. Stattdessen sprechen weiterhin die Waffen. Grundsätzlich hätten beide Seiten ein Interesse daran, eine Lösung zu finden. Im Gazastreifen droht die medizinische Versorgung zusammenzubrechen, die Menschen sind kriegsmüde. Israel derweil hat sein Ziel erreicht: Es hat die militärische Führung des Islamischen Dschihad ausgeschaltet.

Eine Einigung wäre für die Menschen auf beiden Seiten der Grenze wichtig. Etwas Hoffnung für eine baldige Beendung der Gewalt bereitet der Umstand, dass die Hamas dem Konflikt weiterhin fern bleibt. Insgesamt muss man jedoch sehen, dass der Gazastreifen ein hochexplosives Gebilde bleibt. Die Menschen leben hier auf engsten Verhältnissen, quasi wie in einem Gefängnis. Die Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, und auch der Islamische Dschihad wollen Israel auslöschen. Israel beruft sich derweil auf sein Recht auf Selbstverteidigung. Diese Bedingungen führen dazu, dass die Situation immer wieder eskalieren kann.» Jonas Bischoff, Amman

Zuvor teilte das israelische Militär mit, dass der südliche Kommandant des Islamischen Dschihads bei einem Luftangriff in der Stadt Rafah ums Leben gekommen sei. Zwei weitere ranghohe Dschihad-Mitglieder seien ebenfalls getötet worden. Der Islamische Dschihad bestätigt den Tod des Kommandanten.

Mindestens 36 Todesopfer

Das israelische Militär hatte am Freitag eine Militäraktion gegen die Extremisten-Gruppe «Islamischer Dschihad» gestartet und dabei bereits einen Kommandanten getötet. Der israelische Regierungschef Jair Lapid sagte am Sonntag nach Angaben seines Büros, die Operation werde «so lange weitergehen wie notwendig».

Palästinenser sitzen in einem zerstörten Gebäude im Gazastreifen.
Legende: Israels Armee hat einen weiteren Militärchef des Islamischen Dschihad getötet. Am Ort des Geschehens in der Stadt Rafah versammelten sich Palästinenser. (Bild vom 7. August 2022, Reuters/Ibraheem Abu Mustafa) Reuters

Auch in der Nacht zum Sonntag griff die israelische Armee mehrere Ziele im Gazastreifen an. Aus dem Gazastreifen flogen derweil Dutzende Raketen auf Israel. Seit Freitag starben nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums mindestens 36 Menschen. Mindestens 311 weitere seien verletzt worden. Darunter sind laut den palästinensischen Behörden auch Kinder.

Über 400 Raketen abgefeuert

Palästinensische Berichte, wonach das israelische Militär für den Tod von fünf Kindern und einem Erwachsenen verantwortlich gemacht wird, wies Israel zurück. Es scheine vielmehr, dass eine fehlgeleitete Rakete des Islamischen Dschihads zum Tod der Menschen geführt habe, hiess es von der israelischen Armee.

Grenzübergänge wieder offen

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Israel hat nach der vereinbarten Waffenruhe seine Grenzübergänge zum Gazastreifen wieder geöffnet. Nach Beurteilung der Sicherheitslage seien der Erez-Grenzübergang und der Warenübergang Kerem Schalom wieder offen, teilte die israelische Koordinierungsstelle für Aktivitäten in den Palästinensergebieten (COGAT) mit. Erste Treibstofftanks und humanitäre Hilfsgüter passierten einer Sprecherin zufolge am Morgen die Grenze.

Seit Freitag wurden nach Militärangaben mehr als 400 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. Es war befürchtet worden, dass sich am Sonntag – dem jüdischen Fasten- und Trauertag Tischa BeAv – die Lage weiter zuspitzen könnte. Religiöse Juden betrauern an dem Tag die Zerstörung der beiden antiken Tempel in Jerusalem.

Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas-Organisation hatte am Samstagabend dazu aufgerufen, die Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg «zu verteidigen und sich den israelischen Übergriffen auf die heilige Stätte entgegenzustellen». Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. An dem Feiertag kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Konfrontationen.

SRF 4 News, 07.08.2022, 8 Uhr ; 

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