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Gewaltausbrüche in Jerusalem Palästinenser frieren Beziehungen zu Israel ein

Bei Konfrontationen in Jerusalem sind nach den Freitagsgebeten auf dem Tempelberg 3 Palästinenser getötet worden. Als Reaktion darauf hat die Palästinensische Autonomiebehörde die diplomatischen Beziehungen zu Israel eingefroren.

  • 3 Palästinenser sind bei Strassenkämpfen in Jerusalem und der Umgebung getötet worden. 400 wurden verletzt.
  • Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums mussten sie in Krankenhäusern behandelt werden, weil sie von Hartgummigeschossen getroffen wurden oder Tränengas einatmeten.
  • Auch an Militärsperren bei Ramallah und Bethlehem ist es zu Unruhen gekommen.
  • Als Reaktion auf die israelischen Sicherheitsmassnahmen hat die Palästinensische Autonomiebehörde die diplomatischen Beziehungen zu Israel eingefroren.

Tausende israelischer Polizisten sind im Einsatz und Bataillone der Armee wurden in Alarmbereitschaft versetzt. Nach palästinensischen Angaben sind bei den Protesten drei Palästinenser getötet worden. Ein Palästinenser sei durch Schüsse tödlich verletzt worden, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur «Maan». Zuvor war ein zweiter junger Mann im arabischen Ostteil Jerusalems erschossen worden.

Rund 400 Palästinenser sind bei den Ausschreitungen verletzt worden. Mehrere Verletzte schwebten in Lebensgefahr, teilten die palästinensischen Gesundheitsbehördenmit.

Zugang zum Tempelberg erschwert

Die Palästinenser sind empört, weil Israel nach einem blutigen Anschlag vor einer Woche am Tempelberg Metalldetektoren an Eingängen zu der heiligen Stätte aufgestellt hat. Israel argumentiert mit Sicherheitserwägungen, die Palästinenser sprechen von einem Übergriff.

Drei Israelis getötet

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Ein Angreifer hat drei Israelis in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland getötet. Der Angreifer sei in ein Haus eingedrungen und habe dort drei israelische Zivilisten erstochen, teilte die Armee mit. Eine weitere Frau sei bei dem Messerangriff verletzt worden. Ein Soldat hat den Täter angeschossen.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte nach den Ausschreitungen, die Beziehungen zu Israel würden erst dann wieder aufgenommen, wenn Israel die Sicherheitsmassnahmen wieder aufhebe.

Zum Freitagsgebet erlaubt Israel nur Männern über 50 und Frauen den Zutritt zum Tempelberg, der Juden und Muslimen heilig ist. Hunderte jüngerer Männer beteten deshalb auf der Strasse ausserhalb der Altstadtmauern. Auch an Militärsperren im Westjordanland beteten Muslime, die keine Einreisegenehmigung erhielten. Nach Angaben einer israelischen Polizeisprecherin griffen Muslime nach dem Gebet Sicherheitskräfte mit Steinen an.

Kein gewöhnliches Freitagsgebet

Die Journalistin Gisela Dachs lebt sein über 20 Jahren in Israel. «Es ist tatsächlich kein gewöhnlicher Freitag heute», sagt sie. Die Al-Aksa-Moschee sei leer, so Dachs. «Die islamischen Religionsbehörden hatten dazu aufgerufen, nicht in der Moschee zu beten, sondern davor.» Sie protestieren damit gegen die Sicherheitsmassnahmen am Tempelberg, die nach dem Anschlag vor einer Woche von israelischer Seite ergriffen wurden.

Die Massnahmen werden von vielen Palästinensern als Provokation gesehen: «Sie empfinden es als erniedrigend und mühsam, sich den Kontrollen zu unterziehen», erklärt Dachs. Der Tempelberg, auf dem die Moschee steht, ist zudem die drittwichtigste heilige Stätte im Islam. «Sie sorgen sich um die Souveränität, wenn diese in israelische Hand kommt.»

Die Al-Aksa-Moschee ist wichtiger, teurer als unser Blut, unsere Seele, unser Leben.
Autor: Muhammad Hussein Grossmufti von Jerusalem und Palästina

Dass die zusätzlich verfügte Beschränkung des Zugangs zur Moschee grosses Konfliktpotential birgt, zeigt auch die Aussage des Grossmuftis von Jerusalem. Muhammas Hussein, der sich sonst eher diplomatisch ausdrückt, sagte: «Die Al-Aksa-Moschee ist wichtiger, teurer als unser Blut, unsere Seele, unser Leben.»

Historische Situation am Tempelberg

Letzten Freitag, wenige Stunden nach dem Angriff auf israelische Polizisten, war die Teilnahme am Freitagsgebet in der Al-Aksa-Moschee nicht möglich – zum ersten Mal in rund 50 Jahren. «Seit 1969 ist das nicht mehr vorgekommen», bestätigt Dachs. «Das Problem ist, dass der israelisch-palästinensische Konflikt damit immer mehr religiös aufgeladen und auch instrumentalisiert wird.»

Islamische Bewegungen in Israel, im Gazastreifen und im Westjordanland haben denn auch zu einem «Tag des Zorns» aufgerufen. Sie wollen, dass alle Moscheen in diesen Gebieten geschlossen werden, damit die Leute nach Jerusalem fahren.

«Alle wollen eine Eskalation vermeiden»

Seit Tagen brodelt es in Jerusalem. Darüber, wie die Lage beruhigt werden könnte, wird hektisch diskutiert. «Der Idealfall wären alternative Sicherheitsmassnahmen, über die in Koordination miteinander entschieden wird», ist Dachs überzeugt.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kehrte aus China zurück und traf seine Führung. «Alle wollen eine Eskalation vermeiden», glaubt Dachs. «Es gibt aber auch Teile der Fatah und der Hamas, die an einer Eskalation interessiert sind.»

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