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Gezerre ums Rahmenabkommen «Just do it!»

Politiker aus der Schweiz und der EU wollen den bilateralen Stillstand beenden. Doch das grosse Warten dürfte weitergehen.

Es wird viel gewartet in der Beziehung zwischen der Schweiz und der EU. Die EU-Kommission in Brüssel wartet darauf, dass die Schweiz das Rahmenabkommen unterzeichnet – und dass sie die Kohäsionsmilliarde für ärmere EU-Staaten freigibt.

Der Bundesrat in Bern wartet auf den Brexit und auf die neue EU-Kommission von Ursula von der Leyen, in der Hoffnung auf Nachbesserungen beim Rahmenabkommen. Und er wartet auf das Votum des Stimmvolks zur SVP-Initiative gegen die Personenfreizügigkeit im Mai 2020. Beide Seiten warten darauf, dass die andere einen Schritt macht.

Was aus Schweizer Sicht noch geklärt werden muss

«Just do it – tut es einfach!», sagte Christian Leffler, der Schweiz-Unterhändler der EU, am Mittwoch vor dem aussenpolitischen Ausschuss des EU-Parlaments. Er beantwortete damit die Frage des Ausschussvorsitzenden David McAllister, welchen Ratschlag er den Eidgenossen vor einer SRF-Kamera übermitteln würde. Unterschreibt es einfach, dieses Rahmenabkommen, lautete Lefflers Botschaft.

Das Rahmenabkommen unterschreiben will der Bundesrat zwar grundsätzlich, fordert aber zuerst die Klärung dreier Punkte, betreffend Personenfreizügigkeit und Subventionen. Die EU-Kommission wartet seit Sommer auf konkrete Klärungsvorschläge aus der Schweiz.

Portmann bringt neuen Vorschlag ins Spiel

FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann leitet die EU-Delegation des Schweizer Parlaments. Im «SonntagsBlick» brachte er vor einer Woche eine «Roadmap Europa» ins Spiel, einen Fahrplan.

Die EU solle rasch die Schweizer Börse wieder anerkennen, National- und Ständerat würden dafür die Kohäsionsmilliarde freigeben. Und im Juni 2020, nach der SVP-Initiative, könnte der Bundesrat das Rahmenabkommen unterzeichnen.

Doch die EU fordert: zuerst Rahmenabkommen, dann Börsenanerkennung. Zumal die Börsenanerkennung am 30. Juni eben gerade wegen «mangelnder Fortschritte» beim Rahmenabkommen gestoppt worden war.

Ohnehin muss Portmann erst einmal warten, wie seine Parlamentskollegen die «Roadmap Europa» finden. Kommende Woche, am 12. November, befasst sich die aussenpolitische Kommission des Nationalrats mit dem Vorschlag. Dann geht er in die Wintersession der eidgenössischen Räte, die am 2. Dezember beginnt.

«Diese Diskussionen, wer macht den ersten Schritt, sind eigentlich Gift», sagte der sozialdemokratische EU-Parlamentarier Andreas Schieder gegenüber SRF. «Gescheiter wäre es, beide machen einen Schritt, und man löst jetzt das Problem.»

Diese Diskussionen, wer macht den ersten Schritt, sind eigentlich Gift.
Autor: Andreas Schieder Sozialdemokratischer EU-Parlamentarier

Danach sieht es freilich nicht aus. Portmanns «Roadmap» dürfte ebenso chancenlos sein wie die «Just-do-it»-Aufforderung aus der EU.

«Manchmal fühlt man sich wie in ‹Warten auf Godot›», fasste Schweiz-Unterhändler Leffler vor dem EU-Parlament die Lage zusammen. Das Theaterstück von Samuel Beckett handelt von zwei Landstreichern, die auf Godot warten. Und warten. Und warten. Doch Godot taucht nicht auf.

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