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Giftanschlag von Salisbury Britischer Abschlussbericht zum Fall Skripal – ein Überblick

Im März 2018 wurden der ehemalige russische Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter in einem Einkaufszentrum im englischen Salisbury Opfer eines Anschlags mit dem Kampfstoff Nowitschok. Sie überlebten schwerverletzt. Eine unbeteiligte Frau starb, die mit dem in einer Parfümflasche entsorgten Nervengift in Kontakt kam, die ihr Partner in einem Park gefunden hatte. Verübt wurde der Anschlag vermutlich von russischen Agenten. Ein Blick auf den Abschlussbericht mit Grossbritannien-Korrespondent Patrik Wülser.

Patrik Wülser

Grossbritannien-Korrespondent

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Patrik Wülser arbeitet seit Ende 2019 in London als Grossbritannien-Korrespondent für SRF. Wülser war von 2011 bis 2017 Afrika-Korrespondent und lebte mit seiner Familie in Nairobi. Danach war er Leiter der Auslandsredaktion von Radio SRF in Bern.

Liefert der Bericht neue Erkenntnisse zum Anschlag?

Forensisch liefert der 148-seitige Bericht nicht wesentlich neue Erkenntnisse. Unmissverständlich ist aber die Schlussfolgerung des Vorsitzenden der Untersuchung, Lord Hughes, wer für den Tod der unbeteiligten Frau verantwortlich ist. Der russische Präsident sei moralisch für diesen Anschlag verantwortlich, so Hughes. Es sei dabei nicht nur um die Beseitigung eines ehemaligen russischen Spions gegangen, sondern um eine Machtdemonstration, dass Putin seine Feinde überall vernichten könne. Putin habe skrupellos gehandelt. Gemäss Bericht hätte das Gift in der Parfümflasche problemlos einige Tausend Menschen töten können.   

Müssen sich die Behörden Versäumnisse vorwerfen lassen mit Blick auf die russische Agententätigkeit im Land?

Es gab Vorwürfe, weshalb man Skripal nicht besser geschützt habe – mit neuen Namen oder einer geheimen Adresse. Denn es wurden schon früher russische Dissidenten in Grossbritannien umgebracht. Laut Hughes musste damals niemand mit einem solchen Nervengift-Anschlag rechnen. Zudem habe Skripal Schutzmassnahmen abgelehnt, der jetzt unter neuem Namen in einem unbekannten Land leben soll.

 
Täuscht der Eindruck, dass das Attentat den Geschäftsbeziehungen mit Russland anfänglich nicht geschadet hat?

Nein. Bis zum Angriffskrieg auf die Ukraine verhielt sich die britische Regierung noch ziemlich ambivalent. Obwohl Russland 2004 einen russischen Dissidenten auf britischen Boden mit Polonium beseitigt hatte, hiess Premier Boris Johnson russische Oligarchen und ihr Geld immer noch willkommen. Sie kauften millionenschwere Immobilien an bester Adresse. Ein Exil-Russe nahm damals Medienleute auf sogenannte Oligarchen-Touren quer durch London mit. Vom Bus aus zeigte man uns, wo Putin-Vertraute Immobilien besitzen und welche Elite-Schulen ihre Kinder und Grosskinder besuchen. Diese Doppelmoral war mit dem Angriff auf die Ukraine zu Ende. Häuser und Yachten wurden beschlagnahmt. Am Donnerstag hat die britische Regierung weitere Sanktionen angekündigt. Das Verhältnis zu Moskau ist irreparabel zerrüttet.

Salisbury.
Legende: Spezialisten der britischen Armee entfernen am 23. März 2018 die Sitzbank, auf welcher Sergej Skripal und seine Tochter Yulia mit schweren Vergiftungen gefunden worden waren. Keystone/EPA/Will Oliver

Wie operiert der russische Geheimdienst heute auf britischem Boden?

Massiv gestiegen ist laut dem Verteidigungsministerium die Spionage auf hoher See. Russische U-Boote und Forschungsschiffe sollen die Unterwasser-Architektur um die britischen Inseln kartographieren, also die Unterwasserkabel als Achillesferse der digitalen Welt. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass die Briten ebenfalls am Donnerstag mit Norwegen ein maritimes Abkommen zum Schutz des Nordatlantiks unterschrieben. Künftig will man mit einer gemeinsamen Flotte russische Spionage-U-Boote jagen. Das ist nicht nur eine Kooperation, sondern insbesondere ein unmissverständliches Signal nach Moskau.

Echo der Zeit, 04.12.2025, 18:00 Uhr ; 

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