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«Giga-Factory» von Tesla Messias Musk und das Gelbe vom Ei

Auf der Karte, von oben, sehen Berlin und Brandenburg wie ein Spiegelei aus. Dabei ist Berlin das Gelbe vom Ei, Brandenburg das Weisse. Elon Musk liebt das Gelbe, sagt: «Berlin rocks!»

Seine «Giga-Factory» baut er aber unmittelbar daneben, im weissen Teil. Dort, wo es Platz hat und topfeben ist. Und dort, wo Jobs dringend gebraucht werden. 3000 sind es ab jetzt, 12'000 Menschen sollen hier dereinst 500'000 Teslas pro Jahr bauen. Job-Versprechen sind politische Schmiermittel. Darum konnte Musk seine Fabrik schneller bauen als ein Landwirt einen Hühnerstall oder eine Garage für den Traktor.

Was Musk will, bekommt er auch

Natürlich gab es Widerstände, Umweltverbände sorgen sich um seltene Tiere (Schlingnattern, Waldameisen, Fledermäuse). Hydrologen warnen vor einer drohenden Wasser-Knappheit im regenarmen Gebiet. Und Autofabriken brauchen viel Wasser, Batterie-Fabriken, wie sie Musk plant, noch viel mehr.

Menschen wie du und ich hätten die Baubewilligung nie erhalten. Musk schon. «Wahrnehmung ist Realität» ist sein Motto. Was er will, das bekommt er. Und was er will, das funktioniert (fast immer, irgendwann).

Musk bringt deutsche Autobauer in Nöte

Dabei tut er Dinge, mit denen er viel Geld verdient (Tesla) und Dinge, die mit Menschlichkeit zu tun haben (Satelliten für stabiles Internet in der kriegsgebeutelten Ukraine). Den Mut des Verrückten braucht beides.

In Brandenburg tut er gerade Dinge, mit denen er viel Geld verdient, verdienen wird. Und als Nebeneffekt die ganzen deutschen Autobauer in Nöte bringt. Schon jetzt ist sein Unternehmen mit 800 Milliarden Dollar mehr wert als BMW, Mercedes und Volkswagen zusammen. Und die Software bei Tesla läuft – im Gegensatz zu Volkswagen. Bei den Wagen aus Wolfsburg reihte sich ein Bug an die nächste Kinderkrankheit. Und um die Untermenüs zu begreifen, sagen böse Zungen, brauche es mindestens ein Fachhochschulstudium.

Messias Musk und seine Jünger

Klar, auch bei Tesla holperte es gewaltig. Dass es zumindest zu Beginn massive Verarbeitungsmängel gab, Scheiben schräg eingeklebt waren und die Spaltmasse abenteuerlich amerikanisch waren – geschenkt. Wie Apples iPhone hat Tesla keine blossen Käufer, sondern Fans. Messias Musk und seine Jünger. Es sind mehr als zwölf. Viel mehr.

Grosse Ideen entstehen in der Regel nicht in den Büros der Buchhalter. Oder der Politiker. Schon gar nicht, wenn beide Berufsgruppen beteiligt sind. Ganz nach Kult-Kanzler Helmut Schmidt, der sagte: Wer Visionen habe, solle besser zum Arzt gehen. Kein Wunder, dass es 14 Jahre brauchte, bis der Flughafen Berlin-Brandenburg BER eröffnet werden könnte – das Bauwerk ist gerade mal 23 Autominuten (bei üblicher Verkehrslage) von Musks Tesla-Fabrik entfernt. Und die Schöpfer des BER brauchten keinen Arzt – sie hatten ja auch keine Visionen.

Ab heute also sind die grünen Autos in Deutschland da. Fehlt nur noch der grüne Strom. Der stammt immer noch zu fast 57 Prozent aus konventionellen Energieträgern – vor allem aus Kohle. Nicht nur der Krieg in der Ukraine zwingt die deutsche Regierung, von Kohle, Gas & Co. loszukommen. Erneuerbare brauchts – damit das, um beim Bild zu bleiben, wirklich das Gelbe vom Ei wird mit den Musk-Mobilen.

Stefan Reinhart

Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten

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Stefan Reinhart ist Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten und Chef vom Dienst im Newsroom Zürich. Zuvor war er Deutschland-Korrespondent für SRF.

Hier finden Sie weitere Artikel von Stefan Reinhart und Informationen zu seiner Person.

SRF 4 News, 22.03.2022, 12:00 Uhr

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