Zwölf Jahre ist es her, dass aus friedlichen Protesten gegen das syrische Regime ein blutiger Bürgerkrieg wurde. Mehr als 350'000 Menschen sollten sterben, mehr als 14 Millionen Syrerinnen und Syrer wurden vertrieben.
Mit äusserster Härte ging Machthaber Baschar al-Assad gegen die eigene Bevölkerung vor. Nur durch militärische Unterstützung Russlands und des Iran konnte er sich an der Macht halten; international wurde Assad zur Persona non grata.
Auch in der arabischen Welt distanzierten sich einstige Weggefährten von Assad. Die meisten Nachbarn Syriens unterstützten im Krieg die Opposition. Die syrische Mitgliedschaft in der Arabischen Liga wurde 2011 ausgesetzt.
Zurück auf der grossen Bühne
Nun gibt Assad sein Comeback unter alten Freunden: Er ist zum Gipfel des Staatenbundes in der saudischen Küstenstadt Dschidda geladen.
Es war ein Empfang unter Freunden – eine 180-Grad-Wende der arabischen Welt in Bezug auf den syrischen Machthaber.
Für Assad, dem Kriegsverbrechen wie der Einsatz von Chemiewaffen vorgeworfen werden, ist die Teilnahme ein grosser symbolischer Erfolg. «Über Jahre haben ihm die arabischen Nachbarn den Rücken zugekehrt», sagt SRF-Korrespondent Thomas Gutersohn, der das Gipfeltreffen vor Ort verfolgt.
Am Donnerstagabend landete Assad in Dschidda. Er gab sich locker und gutgelaunt. «Es war ein Empfang unter Freunden – eine 180-Grad-Wende der arabischen Welt in Bezug auf den syrischen Machthaber», so Gutersohn.
Nach zwölf Jahren Krieg hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass Assad beherrschende Kraft im Land bleiben dürfte. Nun hofft er in Dschidda auf Unterstützung für den Wiederaufbau des Landes, wie der SRF-Korrespondent ausführt. «Denn das Land ist nach über zwölf Jahren Krieg komplett zerstört.»
Sanktionen des Westens gegen Assad-Regime
Es ist allerdings fraglich, ob und wie viel Geld tatsächlich fliessen wird. Denn für den Westen sind Gespräche oder Zusammenarbeit mit der Assad-Regierung tabu, die EU und USA haben umfassende Sanktionen verhängt. «Theoretisch würden damit auch Staaten sanktioniert, die dem syrischen Regime Geld geben», erklärt Gutersohn. Es gilt also abzuwarten, ob Assad mit mehr als einem diplomatischen Erfolg nach Syrien zurückkehren kann.
Ob mit oder ohne Geldspritze: Innenpolitisch hilft Assad allein schon die Macht der Bilder. «Assad kann zeigen, dass er akzeptiert wird und wieder Freunde hat im Ausland», schätzt Gutersohn. Zudem dürften die letzten von der Opposition gehaltenen Gebiete unter Druck geraten, wenn «Assads Syrien» von grossangelegter Wiederaufbau-Hilfe profitieren sollte.
Saudi-Arabien als treibende Kraft
Bei der Wiederannäherung an Syrien spielt Saudi-Arabien eine zentrale Rolle. Ab 2018 trieben zwar schon die Emirate eine Normalisierung der Beziehungen zu Syrien voran. Riads Kurswechsel war diesbezüglich aber ein entscheidender Durchbruch.
«Saudi-Arabien ist das Schwergewicht in der Arabischen Liga. Als es sich entschied, Assad wieder in den Bund aufzunehmen, haben alle gleich mitgemacht», sagt Gutersohn.
Saudi-Arabien hoffe nun auf eine Befriedung der Region – und darauf, durch den erneuten Dialog mit Assad den Einfluss Irans zu verringern. «Es möchte das Spiel in Syrien und im Libanon nicht einfach Teheran überlassen.»