Es war das erste Treffen überhaupt zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un heute in Wladiwostok. An der kurzen Stellungnahme nach dem Treffen sprachen beide von ergiebigen Gesprächen. Was hinter verschlossenen Türen während mehreren Stunden besprochen wurde, darüber schwiegen sich die Staatschefs nach ihrem Treffen jedoch aus.
Kurzfristig war das Treffen mehr ein Symbol nach Aussen, um der Weltöffentlichkeit die eigene Stärke unter Beweis zu stellen. Doch langfristig dürfte Wladimir Putin weitere Ziele verfolgen.
Anerkennung von China
Wenn Wladimir Putin über 6000 Kilometer von Moskau nach Wladiwostok reist, um sich mit einem Staatschef zu treffen, muss dem russischen Präsidenten viel an dem Treffen gelegen sein. Mehrmals bedankte sich Kim Jong-un denn auch für den weiten Weg, welchen der russische Präsident auf sich genommen habe.
Die weite Reise hat Putin jedoch nicht ganz uneigennützig angetreten. Das Treffen dürfte ihm dabei helfen, sich selbst als Politiker von Weltformat zu inszenieren. Die Bilder vom heutigen Treffen sind ein Signal von Wladimir Putin an China, dass Russland bereit ist, in der aktuell verfahrenen Situation als Verhandlungspartner einzuspringen.
Wenn Wladimir Putin im Anschluss des heutigen Treffens nach Peking weiterreist, kann er dort auf Anerkennung hoffen. Chinas Interesse an einer Lösung des Konflikts mit Nordkorea ist deutlich grösser als jenes von Russland. Doch um die Gespräche im Handelsstreit mit den USA nicht zu gefährden, hält sich China zur Zeit auffällig im Hintergrund.
Im Schatten von Stalin
Wladimir Putin sagte nicht ohne Zufall nach dem Treffen, dass man über die Geschichte der Beziehungen beider Länder zueinander gesprochen hätte. Das Nordkorea von heute ist das Erbe sowjetischer Aussenpolitik. Stalin persönlich soll an der Verfassung Nordkoreas mitgeschrieben haben.
Eine solch wichtige Rolle wie einst die Sowjetunion in Nordkorea spielte, wird das Russland unter Wladimir Putin nicht mehr spielen. Auch wenn Nordkorea als eine Pufferzone zum Süden der koreanischen Halbinsel für Putin gelegen kommt, hat Russland akzeptiert, dass Nordkorea zur Einflusssphäre von China gehört. Dies liest sich auch aus den Worten Putins, wenn er davon spricht, dass man die Beziehungen in der Gegenwart entwickeln müsse.
Im Unterschied zur Sowjetunion verfolgt Wladimir Putin keine ideologischen Ziele in einer bipolaren Welt. Nordkorea ist für Wladimir Putin einer von vielen Steigbügeln in den Sattel einer multipolaren Weltordnung.
Zurück an den Verhandlungstisch
Ganze drei Jahre lang sollen die Vorbereitungen für das heutige Treffen gedauert haben. Angesichts dieser langen Vorbereitungszeit ist es auf den ersten Blick erstaunlich, wie wenig konkretes heute bekannt gegeben wurde. Mehrere Anzeichen deuten darauf hin, dass Russland langfristig die Wiederbelebung der sogenannten Sechs-Parteien-Gespräche plant.
Diese Verhandlungsrunden, bei denen auch Russland mit von der Partie war, sind seit dem Austritt von Nordkorea vor knapp zehn Jahren vollständig zum Erliegen gekommen. Wladimir Putin dürfte ein Interesse daran haben, dass diese Gesprächsrunde wieder zum Leben erwacht.
Denn am Verhandlungstisch zur Lösung um das nordkoreanische Atomwaffenprogramm würde nicht nur Donald Trump sitzen, sondern neben China, Japan und Südkorea auch Russland.